Süddeutsche Zeitung

Ruhestandsalter:Großbritannien plant Rente mit 70

Es könnte die drastischste Reform seit 1908 werden: Großbritannien will das Renteneintrittsalter deutlich anheben und heutige Berufseinsteiger erst mit 70 Jahren in den Ruhestand schicken. Ältere Arbeitnehmer dürfen dagegen hoffen.

Berufseinsteiger, die heute in Großbritannien ihren ersten Job anfangen, müssen länger arbeiten als alle Generationen vor ihnen. Wie der Guardian berichtet, wird der britische Finanzminister George Osborne dies in seiner Herbstansprache verkünden. Demnach müssen heutige Berufseinsteiger damit rechnen, erst mit 70 Jahren in Rente gehen zu können.

Bis in die 2060er Jahre soll das Renteneintrittsalter demnach an die gestiegene Lebenserwartung angepasst werden. In den kommenden 50 Jahren will die Regierung so bis zu 500 Milliarden Pfund einsparen. Die Änderung könnte zu den einschneidendsten Reformen des britischen Rentensystems gehören, seit die staatliche Rente 1908 eingeführt wurde.

Schon zuvor hatte die Regierung angekündigt, das Renteneintrittsalter bis 2020 auf 66 Jahre anzuheben. 2028 soll die Grenze bei 67 Jahren, Mitte der 2030er schließlich bei 68 Jahren liegen. Briten, die heute über 40 Jahre alt sind, sollen von den Änderungen nicht betroffen sein.

Die Rentenpläne stehen im Gegensatz zu jüngsten Entwicklungen auf dem europäischen Festland. Frankreich kündigte zuletzt an, an der Rente mit 60 zunächst festzuhalten. Künftig soll diese Schwelle moderat auf 62 Jahre angehoben werden. In Deutschland gerät unterdessen die Rente mit 67 unter Druck. Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD plant etwa, Menschen, die 45 Jahre lang rentenversichert waren, schon mit 63 Jahren in die Rente zu entlassen.

Großbritannien erwartet Aufschwung

Die jüngsten Ankündigungen in Großbritannien reihen sich ein in langfristige Reformen. Finanzminister Osborne sprach dem Guardian zufolge zudem davon, in den kommenden Jahren zusätzlich drei Milliarden Pfund einsparen zu wollen.

Die jüngsten Ankündigungen fallen in eine Zeit guter Nachrichten für Großbritannien. Das Land steht nach Jahren mit schlechten Wirtschaftsdaten wieder am Beginn eines Aufschwungs. Knapp zwei Prozent wird die Volkswirtschaft in diesem Jahr wachsen, im kommenden Jahr sollen es sogar 2,4 Prozent werden. "Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch nicht über den Berg", sagte Schatzkanzler Osborne.

Zu der günstigen Entwicklung hat eine Erholung der Londoner City beigetragen. Aber auch das produzierende Gewerbe erlebt einen Aufschwung - auch wenn dort noch immenser Aufholbedarf herrscht. Großbritannien exportierte 2012 mehr in die Republik Irland als nach Brasilien, Russland, Indien und China zusammen. Das Außenhandelsdefizit erreichte im vergangenen Jahr mit 59,2 Milliarden Pfund ein Rekordhoch.

Großbritannien ist hoch verschuldet, unter anderem weil es in der Finanzkrise Banken wie die Royal Bank of Scotland mit Milliardenspritzen vor dem Untergang bewahren musste. Die Wirtschaftsstruktur setzt bisher auf Dienstleistungen und auf den Großraum London, ganze Regionen etwa im Norden Englands gelten als bettelarm.

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