Süddeutsche Zeitung

Rückversicherung:Munich Re streicht Stellen

Der Konzern will im Kerngeschäft wettbewerbsfähiger werden. Vorstandschef Wenning ist unzufrieden mit dem Gewinn. Deshalb hat er einen spürbaren Stellenabbau angekündigt, der auch die Zentrale trifft.

Von Herbert Fromme, Köln

Munich Re-Chef Joachim Wenning hat ein Problem. Weltweit gilt sein Unternehmen als Vorreiter bei der Digitalisierung der Versicherungswirtschaft. Wenning und sein Vorgänger Nikolaus von Bomhard haben sich leise an zahlreichen Start-ups beteiligt, übernehmen Risiken aus dem Cyberbereich und haben als einziger Rückversicherer auch im Silicon Valley einen richtig guten Ruf.

Allerdings: Für diese Anerkennung kann man sich wenig kaufen. Denn gleichzeitig sinken die Gewinne des Konzerns im Kerngeschäft Rückversicherung spürbar. Dabei geht es nicht um die Stürme, Erdbeben und Waldbrände, die 2017 mit mehr als 3,5 Milliarden Euro zu Buche schlugen und deshalb den Gewinn um 85 Prozent sinken ließen. Solche Sondersituationen sind nicht das Problem, sondern der stetige Gewinnrückgang in den Jahren zuvor. Niedrige Preise und ein harter Konkurrenzkampf unter den Rückversicherern hinterlassen Spuren in den Bilanzen. Und die Munich Re hat deutlich höhere Kosten als Rivalen wie Hannover Rück.

Jetzt will Wenning handeln. Er sei entschlossen, "die Zukunftsfähigkeit unseres Konzerns auch mit einer Stellenreduzierung zu stärken", sagt er in einem Interview im Intranet des Konzerns. Die Größenordnung nennt er nicht. In der Branche wird erwartet, dass es unter zehn Prozent der 11 500 Mitarbeiter im Kerngeschäft Rückversicherung sein werden, deren Jobs wegfallen. Der Abbau soll vor allem durch Pensionierungen und freiwilliges Ausscheiden organisiert werden. Besonders betroffen sind die Zentrale in München und die Munich Re America in den USA.

In bestimmten Bereichen werde es neue Arbeitsplätze geben. Aber er sehe "an anderen Stellen im Unternehmen nennenswertes Potenzial für Sachkosten- und Stelleneinsparungen". Als Beispiele nennt er die jährlichen Planungsprozesse und das Leistungsmanagement, die "nicht ausreichend wertstiftend" seien.

Von dem Schritt nicht betroffen sind die Gesellschaften der Düsseldorfer Tochter Ergo, bei denen ein separates Stellenabbauprogramm in der Umsetzung ist. Dort fallen bis 2020 rund 1800 Arbeitsplätze weg. Auch die Versicherungstöchter in den USA, Hartford Steam Boiler und American Modern, sind außen vor.

Um die gewünschten Effekte zu erreichen, sei eine differenzierte Betrachtung nötig. "Daher wird es kein einheitliches Abbauziel geben." Vor allem über Pensionierungen in den USA sowie freiwilliges Ausscheiden in München will der Konzern schlanker werden.

Die Margen im Rückversicherungsgeschäft stehen permanent unter Druck, und der Konzern müsse sich mehr standardisieren, sagt Wenning. "In diesem Zusammenhang entscheiden die Kosten mehr und mehr, wer im Wettbewerb um Kunden und Geschäft gewinnt und wer verliert." Den Abwärtstrend der vergangenen Jahre will er "entschlossen stoppen und umkehren".

Der Konzernchef kündigt gleichzeitig frische Investitionen in die Digitalisierung an. Munich Re will eine neue Einheit für die Jagd auf Daten ("Data-Hunting-Unit") aufbauen. "Diese soll interne und externe Datenquellen systematisch für klar definierte Wachstumsfelder identifizieren und nutzbar machen."

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SZ vom 08.02.2018
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