Die Taktik klang so smart. Das überschuldete Griechenland kauft einfach seine Anleihen billig zurück und kann so ein paar Milliarden seiner Staatsschulden einfach streichen. Doch die Spekulanten sind smarter. Sie haben Schulden im Milliardenwert aufgekauft und den Preis hochgetrieben. Für Griechenland und seine Geldgeber sind die Kosten damit so angestiegen, dass der ganze Plan verworfen werden könnte, berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf EU-Kreise. "Die ganze Rückkauf-Operation hängt vom Preis ab", zitiert die Zeitung einen EU-Offiziellen.
Der Plan: Um eine Finanzlücke von 14 Milliarden Euro bis 2014 zu füllen, soll Griechenland sich Geld aus dem Euro-Rettungsfonds leihen und damit einen eigene Schulden vom Markt zurückkaufen. So kann Griechenland diesen Teil seiner Verbindlichkeiten zumindest auf dem Papier streichen und könnte mehr als zwei Prozent seiner Schulden verschwinden lassen. Es wäre ein Schritt, die Finanzlücke schließen, um sich für weitere Hilfen zu qualifizieren.
Doch große Hedgefonds haben sich auf das Vorhaben eingestellt und massenhaft griechische Staatsanleihen gekauft. Die Kurse der Papiere steigen, der Rückkauf wird dadurch teurer. Der Druck auf die Euro-Finanzminister wächst, sich bei ihrem Treffen am Montag eine alternative Lösung einfallen zu lassen. Einen Erfolg brauchen die Regierungen nach zwei Desastern in Folge: In der vergangenen Woche scheiterte nicht nur der Budgetgipfel der EU-Staatsschefs, auch die Euro-Finanzminister und der Weltwährungsfonds konnten sich trotz Nachtsitzung nicht auf weitere Griechenland-Hilfen einigen.
Das Finanzministerium in Athen bereitet nach eigenen Angaben einen Anleihe-Rückkauf vor. Zehn Milliarden Euro soll das Land dafür ausgeben wollen. Möglicherweise sind genau solche Andeutungen das Problem. Denn solange die Preise für die Papiere noch niedrig sind, lohnt sich ein Einstieg für Spekulanten. Sie können auf einen sicheren Abnehmer setzen — den griechischen Staat.
Hedgefonds könnten ein erstklassiges Geschäft machen
Die steigende Nachfrage treibt den Preis. Nach dem Schuldenschnitt im Frühjahr war deren Wert abgestürzt. Hedgefonds, die damals einstiegen, dürften ein erstklassiges Geschäft machen: Einige haben im Sommer zehnjährige Staatsanleihen zu einem Kurs von 15 Prozent des Nominalwerts gekauft. Derzeit müsste Griechenland ihnen 35 Prozent ihres nominalen Werts bieten - der Kurs ist auf dem höchsten Wert seit Ausgabe der Papiere nach dem Schuldenschnitt im März.
15 Prozent des Nominalwerts — das bedeutet, dass ein Kredit von einem Euro für 15 Cent zurückgekauft werden könnte. Die Papiere waren so billig, weil viele einen Staatsbankrott Griechenlands für möglich hielten. Ob der Staat Kredite zurückzahlen würde, wenn sie fällig werden, galt bis vor kurzem noch als höchst ungewiss.
Mittlerweile rechnen Marktteilnehmer aber fest damit, dass die Pleite Athens verhindert wird. Diese Erkenntnis könnte sich nun auszahlen. Kauft Griechenland tatsächlich bald, könnten manche Investoren ihren Einsatz verdoppeln. Commerzbank-Volkswirt Lutz Karpowitz sagt: "Offensichtlich kann sich kaum jemand vorstellen, dass es der Eurogruppe letztlich nicht gelingt, weitere Mittel bereitzustellen." Damals billige Anleihen zu kaufen, sei ein absoluter "No Brainer" gewesen, sagt Hans Humes, Chef des Hedgefonds Greylock Capital aus New York. Soll heißen: Alles andere als diese Wette wäre dumm gewesen. Profi-Investoren wie Greylock, Third Point oder Fir Tree Partners sollen sich bereits seit Sommer im großen Stil mit griechischen Anleihen eingedeckt haben.
Geht es nach der Bundesrepublik, braucht Griechenland mehr Zeit, um wie geplant einen Primärüberschuss zu erwirtschaften, also zumindest genügend Steuereinnahmen, wenn man die Zinsen außen vor lässt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagt: "Das führt dazu, dass wir eine zusätzliche finanzielle Lücke haben werden." Er glaubt, das Schuldenrückkaufprogramm könne diese Lücke "im Wesentlichen" schließen. Auch die Troika aus EU, IWF und EZB, die die Sparanstrengungen Griechenlands überwacht, bezeichnet das Programm als "vernünftigen Korridor".
Sowohl Bundesregierung als auch Europäischer Zentralbank gefällt an dieser Idee, dass sich Griechenland immerhin so weit sanieren könnte, dass der zurzeit diskutierte Schuldenschnitt für öffentliche Gläubiger nicht kommt. In diesem Fall würden die Kreditgeber selbst erstmals Geld abschreiben müssen, das sie Griechenland geliehen haben. Steuergeld wäre futsch. Vor allem der IWF favorisiert diese Lösung.
Schweigen wäre also Gold gewesen für Griechenland. Die Debatte über Rückkäufe und die so geschürte Hoffnung darauf an den Finanzmärkten könnte das Programm scheitern lassen. Das passiert, wenn die Fonds den Preis so weit hochtreiben, dass sich Kaufen für Griechenland nicht mehr lohnt.