Rossmann kooperiert mit Amazon:Rossmann und Amazon: Plötzlich beste Freunde

Drogeriemarktkette Rossmann

Rossmann hat ein großes Filialnetz. Nun soll eine Kooperation mit Amazon den Online-Handel der Drogeriekette stärken.

(Foto: dpa)
  • Die Drogeriekette Rossmann kooperiert mit dem Internethändler Amazon. Kunden sollen so einfacher an Drogerie-Artikel kommen.
  • Die Kooperation ist vor allem für Amazon ein Erfolg. In der Regel sehen stationäre Händler in Amazon einen unliebsamen Rivalen.
  • Rossmanns Konkurrent Dm machte vor einigen Jahren schlechte Erfahrungen mit einer Amazon-Kooperation.

Von Michael Kläsgen

Die erste Bestellung war ein "süßes Paket", wie eine Rossmann-Sprecherin sagt, ein Glas Nussaufstrich, Bio-Lakritzschnecken und andere Süßigkeiten. Die zweite folgte kurz darauf und war für ein Baby bestimmt. Die Kundin brauchte eine weiche Auflage für den Wickeltisch. Letzteren Kauf nennt Kai Rühl, der Prime-Now-Chef von Amazon Deutschland, im Jargon der Fachleute den "perfekten use case". Soll heißen, genau dafür ist der schnelle Lieferservice von Amazon gedacht: für Dinge, die man dringend braucht, für deren Suche man aber nicht diverse Läden abklappern will. Entweder, weil man keine Zeit dazu hat oder die Annehmlichkeiten der schnellen Lieferung nutzen will. Seit Mittwoch stehen solchen Kunden 5000 weitere Artikel zur Verfügung, nicht von irgendeinem Anbieter, sondern von Rossmann, der zweitgrößten Drogeriemarktkette Deutschlands.

Für den US-Onlinehändler Amazon kann man es als bemerkenswerten Erfolg bezeichnen, Rossmann von der Kooperation überzeugt zu haben. Bisher konnte Amazon nur kleinere Händler in Deutschland als Partner gewinnen, zuletzt etwa den Allgäuer Lebensmittelhändler Feneberg oder zuvor den Bio-Supermarkt Basic. Jetzt hat Amazon erstmals einen von den großen deutschen Einzelhändler geknackt, der in den Top zehn rangiert.

Wobei Rossmann-Konkurrent Dm bereits den Schulterschluss mit Amazon wagte, sich dann aber wieder zurückzog. Die Partnerschaft wurde mangels Erfolg wieder eingestellt. Ob das ein schlechtes Omen für Rossmann sein muss? Nicht unbedingt. Branchenführer Dm hatte damals noch keinen Online-Shop. Die Lieferkette war entsprechend nicht auf den Onlinehandel eingestellt und deshalb nicht rentabel.

Bei Rossmann liegt die Sache jetzt anders. Der Online-Shop funktioniert. 13 000 von insgesamt 17000 Artikeln kann man dort kaufen. Womit sich allerdings die Frage aufdrängt, wozu Rossmann dann überhaupt Amazon braucht? Beschädigt Rossmann damit nicht seinen eigenen Online-Shop? Und begibt sich die Kette mit ihren 2000 Läden in ganz Deutschland ohne Not in die Abhängigkeit von Amazon und seiner im Internet omnipräsenten Plattform?

Geschäftsführer Raoul Roßmann zeigt sich optimistisch, dass dem Drogisten die Zusammenarbeit eher nutzen als schaden wird. "Die Kooperation gibt uns Aufschluss darüber, wie ein zeitnaher Lieferservice von unseren Kunden in Berlin angenommen wird." Dieser Satz unterstreicht gleich in vielerlei Hinblick, wie vorsichtig Rossmann an die Sache herangeht. Die Drogeriekette will selber aus der Erfahrung aus der Kooperation etwas lernen.

Aus Sicht von Rossmann ist das Ganze erst mal nur ein "Test". Rossmann betont, sowohl über den Preis als auch über die bei Amazon angebotenen Artikel, also das Sortiment, die Hoheit bewahren zu können. Das sind für die Kette die beiden wichtigsten Elemente, die ihre Unabhängigkeit von Amazon garantieren sollen. Außerdem ist das Bündnis zunächst nur auf Berlin beschränkt und ausschließlich für Amazons Prime-Kunden verfügbar.

Rossmann muss aufpassen, nicht den eigenen Onlineshop zu kannibalisieren

Die Jahresgebühr für die Prime-Mitgliedschaft hat Amazon inzwischen auf 69 Euro erhöht. Bei Prime Now erhält der Kunde die Ware entweder binnen einer Stunde, muss dann aber zusätzlich 6,99 Euro zahlen. Oder er lässt sich in einem Zwei-Stunden-Zeitfenster beliefern und bestellt Artikel für mehr als 20 Euro. Dann fällt keine Zusatzgebühr an. Prime Now gibt es im Moment nur in Berlin und München, weitere Städte sollen folgen. Vor allem Berlin wird derzeit von Händlern, insbesondere von Lebensmittelhändlern wie Rewe, Edeka oder Real als Testlabor für Online-Bestellungen genutzt.

Amazon gilt dabei als treibende Kraft, auch was die Lieferung mit frischen Lebensmitteln über Amazon Fresh betrifft. Die hat Rossmann nicht im Angebot. Für Amazon hat die Kooperation den Vorteil, den Kunden noch mehr Artikel des täglichen Bedarf anbieten zu können. Von bestimmten Artikel kann Amazon Prime Now nun verschiedene Angebote von unterschiedlichen Händlern anbieten. Inwieweit Rossmann auf lange Sicht die Hoheit über die Preise behält, wird sich deshalb im Wettbewerb zeigen müssen. In der Auswahl der richtigen Artikel liegt deshalb aus Sicht für Rossmann die größte Kunst, um das eigene Geschäft in den Läden oder im eigenen Online-Shop nicht zu kannibalisieren.

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