Rossmann-Drogerien:Der Herr der kleinen Preise

Dirk Roßmann ist als Erfinder der Discount-Strategie im Drogeriehandel reich geworden: "Danach kamen nur noch Plagiate", sagt der gelernte Drogist, der sich selbst als "Freund des kleinen Mannes" bezeichnet.

Meite Thiede

Typisch Roßmann: Kein einziges Wort werde er zu der gegen ihn laufenden Untersuchung des Bundeskartellamtes sagen, versichert der Eigentümer der mit Doppel-S geschriebenen Drogeriekette am Mittwoch in Burgwedel.

Rossmann-Drogerien: Selbstbewusst: Dirk Roßmann in Groß Burgwedel bei Hannover vor Medienvertretern.

Selbstbewusst: Dirk Roßmann in Groß Burgwedel bei Hannover vor Medienvertretern.

(Foto: Foto: dpa)

Doch länger als für diesen einen Satz mag Roßmann den guten Rat seiner Anwälte dann doch nicht befolgen. Mit dem allerbreitestem Grinsen setzt er nach: "Eine Strafe droht mir definitiv."

Wenn die Wettbewerbshüter ihn tatsächlich wegen Dumpings bestrafen sollten, würde das Roßmann überaus freuen. Denn natürlich weiß er, dass er bei einer solchen quasi preistreibenden Entscheidung in der Sympathie seiner Kunden nur gewinnt.

Nirgendwo in Europa so billig

Und sein Lieblingsthema wäre wieder aktuell, der Zustand der deutschen Handelslandschaft. Nirgendwo sonst in Europa seien Markenartikel so billig wie in Deutschland, und das sei Ausdruck des "hervorragend funktionierenden Wettbewerbs", argumentiert Roßmann.

In anderen Ländern werde der Verbraucher "über den Tisch gezogen", in Deutschland werde er "hofiert, umworben, umkämpft". Deshalb auch "kriegt hier kein Gigant den Fuß auf den Boden", sondern mache eher Milliardenverluste. "Ich kämpfe darum, dass diese Wettbewerbssituation erhalten bleibt."

Dirk Roßmann, der sich gern als "Freund des kleinen Mannes" bezeichnet, wird in diesem Jahr 60. Mit den Rossmann-Märkten und den kürzlich von Tengelmann übernommenen kd-Märkten betreibt er nach Schlecker und dm die drittgrößte Drogeriekette Deutschlands mit 15 Prozent Marktanteil, und nach eigener Versicherung tut er das trotz der behördlich kritisierten Tiefstpreise ganz profitabel.

Nicht einmal kurzfristige Kredite

Vor zehn oder zwanzig Jahren habe er "als Unternehmer einen heißen Reifen gefahren", gesteht er. Heute aber habe er keine finanziellen Probleme, nicht einmal kurzfristige Kredite, ein "solides Eigenkapital" von 147 Millionen Euro und könne "in Ruhe operativ arbeiten".

Und weil alles so im Lot zu sein scheint, präsentierte Roßmann sich jetzt erstmals seit sechs Jahren auch wieder einmal den Medien. Zwei Prozent vor Steuern habe er 2005 ungefähr verdient, sagt Roßmann, gegenüber einem Prozent bei der Konkurrenz. Dennoch: Seine eigene Rendite lag auch schon mal höher, bei drei Prozent.

In Ruhe arbeiten, das bedeutet, dass die Kette nun keine Übernahmen mehr im Auge hat - was das Kartellamt wohl ohnehin nicht genehmigen würde.

Der Herr der kleinen Preise

Dirk Roßmann - das ist eine Karriere im Tellerwäscher-Stil. Die Eltern betrieben eine kleine Drogerie in Hannover, die auf 20 Quadratmetern täglich 600 DM einbrachte.

Nach der Grundschule machte Roßmann daheim eine Drogisten-Lehre, und während der Bruder studierte, half er im Familienbetrieb mit. Er fand das in Ordnung, solange ihm nebenher genügend Zeit für Bücher blieb, seinen "Brücken zu anderen Welten".

Doch Roßmann war alles andere als ein verträumter Bücherwurm. Im Alter von 25 Jahren, konkret am 17. März 1972, eröffnete er seinen ersten Drogerie-Supermarkt. In Deutschland war gerade die Preisbindung gefallen, und in dem jungen Drogisten war der Unternehmer erwacht. "Mir war klar, jetzt tut sich was im Handel."

Scotchbritt-Schwamm für 1,19 DM

Sein Laden punktete von Anfang an mit Discount-Preisen, verkaufte zum Beispiel den Scotchbritt-Schwamm für 1,19 statt 1,50 DM. Am ersten Abend war sein Laden leergekauft, und das sei die Geburtsstunde des deutschen Drogeriemarktes gewesen: "Danach kamen nur noch Plagiate."

Ans Aufhören denkt Roßmann noch lange nicht. Er hat zwei erwachsene und "sehr am Geschäft interessierte" Söhne und ist zuversichtlich, dass Rossmann ein Familienunternehmen bleibt.

So ganz selbständig ist er seit vier Jahren nicht mehr. Die Drogeriemarkt-Tochter des Hongkonger Hutchison Whampoa-Konzerns besitzt 40 Prozent des Kapitals, mischt sich aber, versichert Roßmann, nicht ins Geschäft ein. "Sie werden keinen Chinesen im Haus entdecken."

Kein Jetset-Leben

Der Name Roßmann findet sich auf den Listen der 300 reichsten Deutschen, aber das Jetset-Leben, sagt er, liege ihm nicht. Er besitze weder ein Flugzeug noch ein Haus in Frankreich, und in der Bunten sei er auch nicht zu finden. Die eine oder andere Fernseh-Talkshow will er in den kommenden Wochen aber doch besuchen - um aus seinem prallen Unternehmerleben zu erzählen.

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