Plötzlich war er da, und dann ging es auch schon los. "Ich mag keine Russen, ich mag keine Steuern, ich mag keine Inflation", erklärte US-Präsident Ronald Reagan, als er 1980 die konservative Revolution lostrat.
Weniger Staat und weniger Steuern sollten die angeschlagene Macht wieder super werden lassen. Die Folgen dieses Kurswechsels auch in anderen Industriestaaten prägen die Welt bis heute. Was bleibt dreißig Jahre später übrig von den "Reaganomics", deren Schöpfer diesen Sonntag 100 Jahre alt geworden wäre?
Ronald Reagan und konservative Mitstreiter wie Margaret Thatcher in Großbritannien verpassten dem Westen eine nötige Belebung. Aber ihr Anti-Staats-Dogma schoss übers Ziel hinaus und schuf neue Probleme, die letztlich in der aktuellen Finanzkrise gipfelten.
Um 1980 flogen Linksliberale überall aus den Regierungen, in den USA genauso wie in Deutschland. Die westlichen Wohlfahrtsstaaten waren nach dem Wirtschaftswunder erstarrt, unternehmerische Aktivitäten durch hohe Steuern und harte Regeln behindert.
Die großen Industriestaaten ächzten unterm doppelköpfigen Terror hoher Inflation und hoher Arbeitslosigkeit, sodass die keynesianische Ausgabenpolitik ("lieber fünf Prozent Inflation als fünf Prozent Arbeitslose") am Ende schien.
Reagans Einflüsterer Arthur Laffer versprach ein einfaches Gegenrezept: Senke man die Steuern nur genug, werde die Wirtschaft so stark wachsen, dass der Staat von sich aus genug Einnahmen bekäme. Die Idee war so einfach, dass Laffer sie auf eine Serviette malen konnte - gut für den detail-scheuen Reagan, der den Spitzensteuersatz von 70 auf 33 Prozent halbierte. Europa folgte dieser Richtung.
Das Erbe dieses radikalen Vorstoßes ist gemischt. Die Steuern waren vorher eindeutig zu hoch, sie beschränkten das Wachstum. Reagans Befreiungsschlag ließ die amerikanische Wirtschaft boomen und 16 Millionen Arbeitsplätze entstehen. In Wahrheit war dies aber gerade kein staatsferner Kurs, sondern eine expansive Fiskalpolitik wie bei Keynes, nur in anderem Gewand. Reagan betrieb massives deficit spending, Steuersenkungen und Rüstungskäufe rissen Etatlücken groß wie der Grand Canyon.
Parteifreund George Bush der Ältere, der Reagans Ideen vor dessen Wahlsieg als "Voodoo-Economics" verdammt hatte, musste als Präsident genauso aufräumen wie später der Demokrat Bill Clinton. Zehn Jahre kämpfte Amerika mit den Schuldenbergen.
Die "Reaganomics" waren erfolgreich, aber wegen ihrer Übertriebenheit nur kurzfristig - der Preis kam später. Die Ideologie von den selbstfinanzierenden Steuersenkungen fraß sich trotzdem fest. George Bush der Jüngere ließ die Politik ab 2000 wieder auferstehen, mit ähnlich desaströsen Folgen fürs Budget.
Heute lässt sich sagen, dass eine Regierung ihre Bürger nicht mit Steuersätzen über 50 Prozent quälen soll, aber Niedrigsteuern für Reiche kein nachhaltiges Programm sind. Doch in Amerika hat sich die Ideologie etabliert, dass Steuersenkungen auf Pump alles lösen - vereint mit einer riskanten Geldpolitik der US-Notenbank. Diese Kombination destabilisiert die größte Wirtschaftsnation und den Rest der Welt.
Gleiches gilt für eine übertriebene Deregulierung. Strom, Telefonate oder Flüge sind heute in den meisten Industriestaaten liberalisiert. Reagan und seine Erben knackten die Monopole und bescherten den Kunden niedrigere Preise, ohne dass die Versorgung in diesen Bereichen - wie von Kritikern behauptet - zusammenbrach.
In der Finanzbranche aber ging die Deregulierung zu weit. Das Anti-Staats-Dogma ließ Giganten entstehen, die ohne Kontrolle mit zu hohen Risiken spekulierten, bis alles zusammenbrach. "Der Staat ist nicht die Lösung, er ist das Problem", sagte Reagan. Inzwischen ist klar, dass der totale Rückzug des Staates das größere Problem ist.