Süddeutsche Zeitung

Rohstoffe:Hoher Soja-Preis schürt Furcht vor Nahrungsmittelkrise

Tote Demonstranten, zurückgetretene Politiker - vor allem arme Länder stürzte die Lebensmittelkrise 2008 ins Chaos. Jetzt sind die Preise für Soja fast wieder so hoch wie damals, Tendenz weiter steigend. Schuld daran sind hungrige Chinesen, Spekulanten und das Wetter.

Enorm hohe Preise bei Sojabohnen schüren Ängste vor einer neuen Nahrungsmittelkrise. Der Soja-Preis ist auf ein Vier-Jahres-Hoch geklettert. Allein im vergangenen Monat nahm er um zehn Prozent zu. Der Mai-Kontrakt stieg um bis zu 1,9 Prozent auf 15,09 Dollar je Scheffel. Damit nähert er sich dem Rekordhoch von mehr als 16 Dollar während der Krise vor vier Jahren.

2007 und 2008 hatte sich der Preis für Sojabohnen und andere wichtige Nahrungsmittel mehr als verdoppelt, was vor allem für arme Länder verheerend war. Es kam zu Protesten und Unruhen. Manche Demonstrationen endeten gewalttätig: In Ägypten starb mindestens ein Mensch, in Haiti mindestens fünf bei Einsätzen der Sicherheitskräfte. Der Premierminister des Karibikstaates, Jacques-Édouard Alexis, musste daraufhin im Frühjahr 2008 zurücktreten. Soja wird vor allem als Tierfutter in der Agrarwirtschaft und in der Küche als Salat- und Kochöl sowie Bratfett benutzt.

Die Branche rechnet damit, dass sich die Situation jetzt weiter verschärft. "Nachdem die Ernte in Südamerika bereits weit fortgeschritten ist, deuten die Berichte darauf hin, dass die durchschnittliche Soja-Ernte noch geringer ausfallen wird als zuvor gedacht", teilte der Verband International Grains Council mit.

Schuld daran ist vor allem, dass das Angebot knapper wird: Wegen des Wetterphänomens La Niña herrscht seit Monaten Hitze und Trockenheit über den Feldern der wichtigen Sojaproduzenten Argentinien, Brasilien und Uruguay. "Wir werden viel höhere Preise sehen, weil klarer wird, dass die lateinamerikanische Ernte sehr viel niedriger ausfällt", zitiert die Financial Times einen Rohstoffhändler.

Ein weiterer Grund ist, dass im vergangenen Jahrzehnt viele Bauern umschwenkten: Auf immer mehr Feldern werden Pflanzen angebaut, die nicht zum Essen bestimmt sind, sondern wie Zuckerrohr für die Produktion von Bio-Kraftstoffen.

Gleichzeitig zieht die Nachfrage an, vor allem in China, dem am schnellsten wachsenden Markt für Soja. Das Land ist einer der größten Importeure. China ist so wichtig auf dem Weltmarkt, dass ein Preisanstieg bei Soja die Inflationsrate im Land hochtreiben kann.

Für den hohen Preis sollen auch Spekulationen auf Ernte-Ausfälle in Argentinien verantwortlich sein. Auch die Deutsche Bank wird von Aktivisten beschuldigt, sich an Nahrungsmittelspekulation zu beteiligen, die Essen für die Ärmsten der Welt unbezahlbar mache. Mittlerweile hat die Bank zugestanden, keine neuen Finanzprodukte auflegen zu wollen, die auf Lebensmittelpreise wetten.

Welche Rolle Spekulanten insgesamt bei der Preisblidung spielen, ist umstritten. Fest steht, dass immer mehr Finanzunternehmen versuchen, auf dem Rohstoffmarkt Geld zu verdienen, wo früher nur Produzenten und Abnehmer der Produkte miteinander handelten.

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