Süddeutsche Zeitung

Rohöl:Nahostkrise treibt den Preis

Trumps Drohung an Iran hat auch hierzulande Einfluss auf die Heizölkosten.

Von Hans von der Hagen

Der Abschuss einer US-Militärdrohne durch den Iran hat am Ölmarkt für erhebliche Unruhe gesorgt. Am Donnerstag stieg der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent zeitweise um rund fünf Prozent. Am Freitag ging es dann noch einmal um gut anderthalb Prozent aufwärts auf nunmehr 65,42 Dollar. Iran hatte jüngst nach eigenen Angaben eine US-Spionagedrohne abgeschossen, die angeblich in den Luftraum der südlichen Provinz Hormosgan eingedrungen war. Aus den Vereinigten Staaten hieß es hingegen, die Drohne sei in internationalem Luftraum über der Straße von Hormus getroffen worden. US-Präsident Donald Trump hatte anschließend Iran vor einem unmittelbar bevorstehenden Militärangriff gewarnt, den er einem Medienbericht zufolge allerdings abrupt abbrechen ließ.

Dass beide Seiten am Freitag versicherten, sie wollten keinen Krieg, konnte den Ölmarkt kaum beruhigen. Schon zuvor hatte ein Raketenangriff auf eine Entsalzungsanlage in Saudi-Arabien durch mit dem Iran verbündete Huthi-Rebellen im Jemen sowie die Attacke auf zwei Tanker in der Straße von Hormus die Ölhändler beunruhigt. Gestützt wurden die Preise zudem von den jüngsten Rückgängen bei den US-Lagerbeständen, die stärker als erwartet ausfielen. Nach Angaben der US-Behörden gingen die Bestände in der vergangenen Woche um 3,1 Millionen Barrel zurück, Experten hatten lediglich mit einem Rückgang um 1,1 Millionen Barrel gerechnet. Länder wie Saudi-Arabien, Irak und die Vereinigten Arabischen Emirate sprechen sich für eine weitere Verknappung der Fördermenge aus. In den Wochen vor der jüngsten Eskalation im Nahen Osten waren die Preise für Rohöl deutlich zurückgegangen. Als Grund wurde vor allem die Sorge vor einer Abschwächung der Weltwirtschaft aufgrund der andauernden Handelsstreitigkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und China genannt. Zum Vergleich: Im April stand der Preis für ein Barrel noch bei rund 75 Dollar. Die Mitglieder des Ölkartells OPEC und Russland treffen sich in den ersten Julitagen, um über ihr weiteres Vorgehen zu beraten.

Der Preisaufschwung am Ölmarkt trifft nun auch jene, die darauf hoffen, dass sie sich in diesen Wochen günstig mit Heizöl eindecken können: Die Preise dafür bewegen sich auf recht hohem Niveau: In München etwa müssen derzeit für 100 Liter um die 72 Euro bezahlt werden, in Hamburg sind es gut 63 Euro. Falls sich die Lage im Nahen Osten wieder beruhigt, dürften zwar auch die Heizölpreise fallen. Im vergangenen Jahr warteten viele Kunden allerdings vergeblich darauf, dass sich der Markt im Sommer beruhigen würde. Im Gegenteil: Der Versorgungsengpass durch Dürre und einen Raffineriebrand trieben die Heizölpreise steil nach oben.

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SZ vom 22.06.2019
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