Rohöl:Der Preis spielt verrückt

Rohöl: Der französische Konzern Total fördert Gas vor der Küste Angolas.

Der französische Konzern Total fördert Gas vor der Küste Angolas.

(Foto: Rodger Bosch/AFP)

Donald Trump und das Ölkartell Opec streiten über die Vormacht um den Rohstoff. Das lässt den Kurs abstürzen.

Von Victor Gojdka

US-Präsident Donald Trump reichten am Montagabend 117 Zeichen, um in der Helferstorfer Straße 17 in Wien für Aufregung zu sorgen. Dort residiert das Ölkartell Opec, manche Fenster in dem Bürogebäude sind so klein wie Schießscharten. Die Optik entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn Trump und das einst mächtige Ölkartell befinden sich mitten in einem Kampf um die Vormacht auf dem Ölmarkt.

Mit einem Tweet hatte Trump am Montagabend deutscher Zeit die Opec angegriffen. Der Preis für ein Fass Brentöl war zwar von Mitte August bis Mitte Oktober von 71 auf 85 auf Dollar gestiegen, seitdem aber wieder stark gefallen. Um den Preis zu stabilisieren, dachte die Opec zuletzt über Förderkürzungen nach - sehr zum Ärger Trumps. Er wolle einen niedrigen Ölpreis, twitterte er. Danach rauschte die Notierung um knapp sieben Prozent nach unten. So stark hatte der Ölpreis seit vielen Jahren nicht mehr innerhalb eines einzigen Tages nachgegeben. Ein Ölfass kostete zeitweise nur noch etwa 65 Dollar.

Wieder einmal hatte der einst furchteinflößende Nimbus des Ölkartells innerhalb nur weniger Tage zu bröckeln begonnen. Auf einmal fragten sich die Ölexperten: Könnte Trump verhindern, dass die Opec weniger Öl auf den Weltmarkt kippt und damit die Preise treibt? Wie stark kann der Präsident den Anführer des Kartells, Saudi-Arabien, politisch unter Druck setzen? "Dass die Opec zu den Trump-Kommentaren schwieg, sorgte für Verunsicherung", schreiben die Ölexperten der Commerzbank in einer Stellungnahme an Anleger. Für die ersten Händler schien die Antwort klar: der Ölpreis sank. Sie glaubten offenbar nicht daran, dass sich das Ölkartell und einige befreundete Staaten um Russland bis zu ihrer Sitzung Anfang Dezember in Wien auf einen Kürzungsdeal einigen können. Zumal der russische Energieminister Alexander Nowak im Börsenfernsehen zu Protokoll gab, Förderkürzungen dürften kein Automatismus sein.

Aus Stunden des Zweifels wurde im Laufe des Dienstags dann Panik. Die Opec selbst veröffentlichte einen Bericht, der für kommendes Jahr weniger Ölnachfrage prognostiziert, weil sich die Wirtschaft eintrüben dürfte. Danach war aus der Helferstorfer Straße 17 stundenlang nichts zu hören, während der Ölpreis weiter fiel. Erst am Mittwoch versuchte das Ölkartell einen kleinen Befreiungsschlag. In einem Fernsehinterview gab Opec-Präsident Suhail Al Mazroui zu Protokoll, die Opec werde ihren Output reduzieren, sofern nötig. Das sollte Einigkeit innerhalb des zerstrittenen Ölbundes signalisieren - und zeigte vorerst Wirkung. Der Preis für ein Fass Brentöl stabilisierte sich bei über 65 Dollar und zog am Mittwochnachmittag auf über 67 Dollar an. Experten warten bereits auf den nächsten Tweet von Donald Trump.

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