Rocket Internet:Prinzip Hoffnung

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Möbel, Mode, Essen, alles online: Oliver Samwer, Gründer von Rocket Internet, sieht überall Chancen. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Die Internet-Holding dämmt ihre Verluste ein, aber rund läuft es noch nicht. Trotzdem gibt sich der Vorstand optimistisch.

Von Caspar Busse, München

Vorsichtige Hoffnung für die angeschlagene Berliner Internet-Holding Rocket Internet: Im vergangenen Jahr sind die Verluste der wichtigen Beteiligungsfirmen zurück gegangen. Der Lieferdienst Delivery Hero, zu dem unter anderem Foodora und Lieferheld gehören und an dem Rocket Internet 37,7 Prozent hält, prüft außerdem einen Börsengang. Sollte dieser glücken, wäre das ein wichtiges Signal für Rocket Internet, dass das Geschäftsmodell intakt ist - nämlich junge Internetfirmen hochbringen und dann erfolgreich verkaufen oder am Aktienmarkt platzieren. Und es würde frisches Kapital in die Kassen von Rocket Internet kommen.

"Im Jahr 2016 haben unsere ausgewählten Unternehmen weitere Fortschritte auf dem Weg in Richtung Profitabilität erzielt", sagte Vorstandschef Oliver Samwer am Dienstag. Die operativen Verluste der Firmen - vom Kochbox-Anbieter Hello-Fresh über Delivery Hero und der Global Fashion Group bis zu den Möbelhändlern Westwing und Home 24 - gingen in Summe um 234 Millionen auf rund 360 Millionen Euro zurück. Der Umsatz legte um fast 30 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro zu, wie Rocket Internet mitteilte. Und es sehe auch "nach einem guten ersten Quartal" aus, fügte Finanzvorstand Peter Kimpel an.

Es ist ein Lichtblick in schweren Zeiten für Rocket Internet und Gründer Samwer: Der Aktienkurs ist am Boden, der schwedische Großaktionärs Kinnevik hatte vor mehreren Wochen seinen Rückzug bekannt gegeben, es gibt Kritik und Zweifel am Geschäftsmodell. Samwer kann das aber alles nicht beirren. "Unser Geschäftsmodell bleibt unverändert", schreibt der Vorstandsvorsitzende im neuen Geschäftsbericht. Er glaubt an sein Unternehmen und an seine Ideen: "Wir gründen und investieren in marktführende Internetunternehmen weltweit und unterstützen sie im Laufe ihrer Entwicklung mit operativer Expertise und Kapital." In diesem Jahr würden weitere fünf bis acht Firmen gestartet, betonte Samwer.

Fest steht, dass das Gründen von Internet-Unternehmen nach wie vor viel Geld verschlingt. Nicht überall läuft es gut wie beim Modehändler Zalando, der auch von Samwer begleitet wurde und 2014 erfolgreich an die Börse ging. Rocket Internet selbst ging 2014 an den Aktienmarkt, der Kurs lag mal bei über 50 Euro, jetzt ist er bei 16,50 Euro, und das bei allgemein guter Börsenstimmung. Die Zahlen für die Holding Rocket Internet selbst sind schlecht. Der Umsatz lag 2016 bei nur noch 50,4 Millionen Euro, bei einem gleichzeitig Verlust von 741,5 Millionen Euro, also fast das Fünfzehnfache. Finanzmann Kimpel erklärte das unter anderem mit hohen Wertberichtigungen auf Beteiligungen, etwa an der Global Fashion Group, in der die Anteile an einigen international aktiven Online-Modehändlern gebündelt sind. Wann Rocket Internet endlich Gewinne machen werde, ließ Kimpel auf Nachfrage offen. Nach wie vor stehe das Versprechen, dass drei große Rocket-Beteiligungsfirmen 2017 Profit erwirtschaften werden.

"Wir sind sehr gut ausgestattet", betont Kimpel. Das Finanzpolster sei ausreichend, die liquiden Mittel lagen seinen Angaben zufolge Ende März bei 1,5 Milliarden Euro, bei ausgewählten Unternehmen kämen zusätzlich etwa 800 Millionen Euro dazu. Die Zahl der Mitarbeiter in der Holding hat sich 2016 bereits drastisch verringert. Von 425 waren Ende vergangenen Jahres noch 276 übrig. Der Betreuungsaufwand für die Start-up-Firmen sei geringer geworden, heißt es dazu. Außerdem seien viele Mitarbeiter von der Holding ins operative Geschäft gewechselt. Bei den wichtigsten Rocket-Unternehmen sind weltweit insgesamt rund 28 000 Menschen beschäftigt.

© SZ vom 26.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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