Süddeutsche Zeitung

Roboter:Burger von 6D88

Erstmals bringt in Deutschland ein Roboter das Essen: der 6D88 von Starship für den Lieferdienst Foodora. Davor muss er bei der Premiere in Hamburg aber einige Hürden überwinden.

Von Angelika Slavik

Die großen historischen Momente haben manchmal banale Schönheitsfehler. Am späten Dienstagnachmittag in Hamburg zum Beispiel fehlen zehn Stundenkilometer zu Glanz und Glorie. Es ist der Tag, an dem 6D88 eine neue Ära einleitet. 6D88 ist ein Lieferroboter, und jetzt soll er zum ersten Mal in Deutschland eine Essensbestellung zustellen.

Ein großer Moment. Für den Roboterhersteller Starship Technologies. Für den Lieferdienst Foodora, der 6D88 extra ein Fähnchen mit dem Firmenlogo verpasst hat, mit Beleuchtung. Und für Burger Lab, den Laden, der die historische erste Essenslieferung zubereiten soll. Die Bestellung lautet: ein Classic-Burger mit Fries, die früher mal Pommes hießen, und ein Wasser. "Klassische Hipsterbestellung", murmelt einer im Publikum.

Der Burger-Lab-Mensch positioniert die Tüte in der Warmhaltebox im Roboter. Deckel zu. Es könnte jetzt losgehen, historischer Moment und so, aber die Fotografen sind nicht zufrieden. Ganz schlechter Winkel beim Tüteeinstellen! Deshalb muss die Tüte noch einmal raus und fotogen neu positioniert werden. Historischer Moment also erst im zweiten Versuch, egal. 6D88 könnte jetzt endlich losdüsen, mit 16 Stundenkilometern! Leider gilt für Roboter in Deutschland eine gesetzliche Höchstgeschwindigkeit von sechs Stundenkilometern. Das macht die Burger-Jungfernfahrt natürlich weniger eindrucksvoll, aber wenigstens kommt die Fotografen-Meute gut hinterher. 6D88 bewältigt ein paar hundert Meter und zwei Straßenquerungen ohne Probleme. Zwischendrin Begegnung mit einem kleinen weißen Zottelhund, was den Roboter gar nicht, den Zottelhund aber umso mehr tangiert. Ja Himmel, die Zukunft kann eben nicht allen gefallen!

Der Test in Hamburg ist der zweite in Deutschland mit Lieferrobotern von Starship, zuvor hatte der Zusteller Hermes die Geräte getestet. Auch Domino's Pizza will 6D88 bald testen. Bei ersten Versuchen in Amsterdam sei alles gut gelaufen. Wobei die Sache mit der automatisierten Zustellung bislang noch mit Einschränkungen versehen ist: Nicht nur das Tempo ist limitiert. Die Geräte müssen in der Testphase auch immer von einem Aufpasser begleitet werden, außerdem wird der Zustellprozess aus der Zentrale überwacht. Wo 6D88 liefert, sind also immer zwei Menschen beschäftigt. Langfristig könnten die Roboter bei Schlechtwetter oder in schwer erreichbaren Regionen eingesetzt werden, heißt es bei Foodora. Die Fahrradkuriere, die bislang für das Unternehmen ausliefern, wolle man damit aber nicht ersetzen.

6D88 hat nun sein Ziel erreicht und wird von einer hervorragend gecasteten Probekundin empfangen. Die öffnet den Roboter und entnimmt einen optisch unversehrten Classic-Burger. Perfekter Fotowinkel, gleich im ersten Versuch. Großer Moment!

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3499495
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.05.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.