Süddeutsche Zeitung

Robo-Advisor:Robo was?

Immer mehr Anleger vertrauen ihr Geld einem Robo-Advisor an. Der Markt der automatisierten Vermögensverwaltung wächst. Verbraucher sollten wissen, wie die Maschinen funktionieren und sich auch mit der Strategie befassen.

Von Marcel Grzanna

Der Markt für Robo Advisors legt langsam, aber sicher auch in Deutschland zu. Robo was? Das wird sich manch einer fragen. Wieder ein Begriff aus dem digitalen Kosmos im deutschen Wortschatz, für den sich niemand die Mühe gemacht hat, eine angemessene Übersetzung in den Sprachgebrauch einzuführen. Die Robo Advisors sind Anbieter aus dem Bereich der Finanztechnologie, kurz Fintech. Vollautomatisiert bieten sie Nutzern über das Internet die Verwaltung von Vermögenswerten an. Sie wählen Anlageprodukte aus, schlagen Strategien vor und kümmern sich um die Abwicklung der Geschäfte, ohne dass dabei ein Kontakt zu einem menschlichen Berater im Spiel ist.

Das Potenzial der Roboter bei der automatisierten Kapitalanlage ist groß, weil sie jedem Internetnutzer den Einstieg von der Wohnzimmercouch aus ermöglichen. Weil sich die Zahl der Anbieter in Deutschland binnen kurzer Zeit auf mehr als zwei Dutzend drastisch erhöht hat, nimmt der Wettbewerbsdruck zu und drückt die Einstiegssummen. Der Vermögensverwalter Quirion beispielsweise senkte kürzlich das nötige Startkapital auf 5000 Euro, wenn auch nur für wenige Monate. Andere Anbieter wie Vintego, Vaamo oder Easyfolio locken Kunden mit Sparplänen, die nur mit geringen Einmalzahlungen angeschoben werden müssen. Doch weil die Anbieter mit höheren Einlagen mehr verdienen, verringern sich die Kosten für den Kunden bei größeren Beträgen.

Robo Advisors verwalten in Deutschland schon über zwei Milliarden Euro. Prognosen besagen, dass der Betrag in wenigen Jahren im zweistelligen Milliardenbereich liegen wird. Eine Umfrage der Stuttgarter Börse im Frühjahr ergab zwar, dass fast jeder vierte Deutsche mit Erfahrungen im Wertpapierhandel noch nie von Robo Advisors gehört hat und bislang nur drei Prozent der Befragten mit der Technologie aktiv in Kontakt gekommen sind. Doch grundsätzlich sei jeder Dritte daran interessiert. Die Lösungen, die den Kunden angeboten werden, basieren auf Daten: Alter und Beruf gehören dazu, aber auch das Ziel der Anlage, die individuelle finanzielle Situation und die Kompetenzen im Umgang mit Finanzangelegenheiten.

Bislang haben die Anbieter zwar durchweg positive Ergebnisse erzielt. Doch das Wachstum des Segments ist auch in eine Zeit gefallen, in der die Finanzmärkte robust zulegten. Erst in Krisenzeiten wird sich herausstellen, welche Robo Advisors einen guten Job machen, wenn es darum geht, die Verluste der Anleger zu minimieren. Die Bankenaufsicht Bafin rät dazu, sich mit dem System hinter den Robotern ernsthaft auseinanderzusetzen. "Hinterfragen Sie auch die Anlagestrategie des Anbieters. Machen Sie sich damit vertraut, wie der Algorithmus funktioniert und welche Folgen sich daraus für Ihre Anlage ergeben können. Klären Sie außerdem, welche Risiken Sie mit der automatisierten Finanzportfolioverwaltung eingehen und wodurch sich diese Risiken von der klassischen Finanzportfolioverwaltung unterscheiden", heißt es. Denn eine Renditegarantie gibt es nicht.

Robo Advisors bieten nicht nur Start-ups die Möglichkeit, ein Geschäftsfeld zu erschließen. Auch Banken haben die Vorzüge der Technologie bereits erkannt. Der betriebliche Aufwand zur Akquise von Kleinkunden ist mit der Automatisierung deutlich gesunken, weswegen es sich für die traditionellen Geldhäuser lohnt, die neue Entwicklung voranzutreiben. Der Marktführer in Deutschland, Scalable, hat beispielsweise die Baader-Bank aus Unterschleißheim an seiner Seite. Gegenüber den Start-ups können die Banken zumeist auch auf größere Marketingetats zurückgreifen und damit viel leichter Neukunden gewinnen.

Die Anbieter der Robo Advisors bieten verschiedene Möglichkeiten der Geldanlage. Sutor-Bank, Visualvest oder Fintego setzen auf einfache ETF-Robos. ETF sind Indexfonds (Exchange Traded Funds), die leicht zu handhaben und relativ günstig sind, weil sie passive Anlagestrategien über einen längeren Zeitraum verfolgen. Je nach Entwicklung der Indizes werden Anteile zugekauft oder abgestoßen. Regelmäßig wird das Depot ausbalanciert, um zu verhindern, dass zu viele Anteile eines einzelnen Fonds im Depot lagern. Die mathematischen Algorithmen der Robos sind jedoch auch in der Lage, aktive Strategien zu entwickeln, bei denen Aktien aufgrund von Prognosen gekauft werden, und bei denen der Anleger selbst entscheiden kann, was gekauft oder veräußert wird. Whitebox, Liqid oder Monviso sind typische Beispiele für die Strategie-Robos, während Solidvest oder Werthstein auf Einzeltitel spezialisiert sind.

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Quelle:
SZ vom 28.09.2018
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