Robo AdvisorOhne Emotion

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Robo Advisors bieten eine digitale, automatisierte Geldanlage. Das kann viele Vorteile haben. Die Kosten können jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Ein Vergleich verschiedener Anbieter lohnt sich.

Von Marcel Grzanna

Der Hedgefonds-Manager James Cordier zeigte kürzlich in einem Youtube-Video eine sehr menschliche Seite. Mit Tränen in den Augen entschuldigte er sich bei seinen Anlegern, deren Millionen er am Rohstoffmarkt verspekuliert hatte. Statt das Geld der Kunden zu vermehren, war er mit seiner Strategie gescheitert. 150 Millionen Dollar seiner Kundengelder waren ausradiert. Die "katastrophalen Verluste", von denen er sprach, dürften die meisten seiner Anleger überrascht haben, denn auf seiner Internetseite Optionsellers.com warb Cordier damit, den Fonds konservativ verwalten zu wollen. Wenn es kein Betrug war, der zum Bankrott führte, dann deutet alles auf menschliches Versagen hin, eine Komponente, die bei treuhänderischer Geldanlage nie ganz auszuschließen ist. Kein Finanzmarktexperte ist vor Fehleinschätzungen gefeit, zumal rationale Entscheidungen immer auch durch Emotionen beeinflusst werden können. Diese Tatsache machen sich die Anbieter von Robo Advisors zunutze, einer neu geschaffenen Variante der Geldanlage aus dem Kosmos der Finanztechnologie, kurz Fintech.

Robo Advisors ermöglichen den Kunden automatisierte Investitionen in digital zusammengestellte Portfolios aus Indexfonds, Aktien, Anleihen, Rohstoffen oder Immobilien. Es sind Algorithmen, nicht Menschen, die dem Anleger vorschlagen, wie dessen persönliches Anlageprofil am besten auszusehen hat. Die gleichen Algorithmen helfen später dabei, Bausteine des Portfolios abzustoßen und andere neu einzusetzen. Diese Prozesse gehen ganz ohne menschliche Emotionen über die Bühne, also ohne jene unberechenbare Gefahrenquelle, die den Kunden von Optionsellers.com wohl zum Verhängnis wurde.

Doch auch die computergesteuerte Geldanlage ist damit noch kein Kinderspiel. "Wenn Anfänger nach dem Zufallsprinzip einen Robo aussuchen, könnten sie bei einem landen, der ein Portfolio anbietet, das man eher dann auswählen sollte, wenn man etwas Erfahrung mit Geldanlage hat", sagt Yann Stoffel vom Verbrauchermagazin Finanztest. Nicht alle Angebote auf dem Markt spucken nämlich bei gleicher Dateneingabe die gleiche Risikoklasse aus. Das ist legitim, und deshalb ist es hilfreich, Fachkenntnis mitzubringen, um diese Differenzen als Anleger zu erkennen.

Auch die Kosten variieren von Anbieter zu Anbieter, und nicht immer wird sofort klar, wie hoch die jährlichen Gebühren tatsächlich sind. Die europäischen Finanzmarktrichtlinien verlangen, dass diese Kosten ausgewiesen werden müssen. Doch manche Anbieter machen erst später im Anmeldeprozess deutlich, dass auf die vermeintlichen All-in-Entgelte noch die Fondskosten oben drauf kommen. Bei Gebühren von fast einem Prozent, wie sie vereinzelt dann noch zusätzlich veranschlagt werden, geht dem Kunden eine weitere große Portion seiner Rendite verloren.

Finanztest vergab die Note sehr gut für Gebühren in Höhe von weniger als 0,6 Prozentpunkte im Jahr und die Note mangelhaft bei über 1,27 Prozent. Der Grund ist einfach: "Die Robos machen nichts, was ein Kundenberater bei der Bank nicht auch machen könnte, aber sie machen alles standardisiert und automatisiert, und dafür sollten sie billiger sein", sagt Stoffel. Anbieter argumentieren, dass höherer Personalaufwand durch eine engmaschige Kontrolle von Wertentwicklungen einzelner Titel zwar höhere Kosten nach sich ziehen. Allerdings könnte der Kunde davon durch eine möglicherweise höhere Rendite profitieren. Finanztest bewertete diesen Aspekt bewusst nicht, sondern überlässt es dem Anleger, wie viel Gebühr ihm ein umfassender Service wert ist.

Die Algorithmen schützen nicht vor Beratungsfehlern

Gegen starke, unvorhergesehene Kursschwankungen sind Robo Advisors nicht gefeit. Grundsätzlich aber ist diese Form der Onlineanlage eine gute neue Möglichkeit für Sparer. Kunden überweisen ihr Geld ohnehin nie an den Robo Advisor selbst, sondern an eine Bank, die für den Robo beauftragt wurde, die Gelder und Fonds zu verwalten. Das Geld liegt dann getrennt vom Vermögen der Anbieter bei einer Depotbank und ist zum größten Teil in Fonds investiert. Sogar bei einer Pleite der Fondsgesellschaft wäre es dort vor dem Zugriff eines Insolvenzverwalters geschützt.

Dennoch gibt es einen Unterschied, der zumindest bei Finanztest ausschlaggebend dafür war, zuletzt nur 14 Anbieter in Deutschland unter die Lupe zu nehmen, nämlich nur jene, die bei der Finanzaufsicht Bafin als Finanzportfolioverwalter registriert sind. Viele andere Robos operieren unter Paragraf 34 der Gewerbeordnung, so wie zum Beispiel das Angebot der Sparkasse, Bevestor. Das bedeutet, ihr Tun wird nicht von der Bafin, sondern von den örtlichen Industrie- und Handelskammern überwacht. Das bedeutet aber nicht zwingend ein größeres Risiko für den Kunden. "Mit der Bafin-Aufsicht gehen für den Robo mehr Pflichten einher, und diese Beaufsichtigung stellt einen höheren Schutz für Verbraucher dar", sagt Projektleiter Stoffel von Finanztest. Zudem könne die Anpassung der Portfolios nur dann eigenständig vom Robo durchgeführt werden, wenn dieser als Finanzportfolioverwalter zugelassen ist.

Anleger, die unsicher sind, welchen Robo Advisor sie wählen sollen und möglicherweise noch nicht allzu viel Erfahrung mit den Kapitalmärkten gesammelt haben, sollten mehrere Angebote vergleichen und prüfen, wie gut sie sich bei den einzelnen Anbietern informiert fühlen. Die Kernfrage lautet immer: Was erfährt man über die Anlage und ihr Portfolio, ehe persönliche Daten samt Kontonummer oder Geldtransfers gefordert werden.

Manche Robos tun sich noch schwer, die Fragen im Rahmen der Entwicklung des Risikoprofils eines Kunden ausreichend präzise zu formulieren. Die Frage nach den höchsten Verlusten des potenziellen Neukunden kann etwa völlig unterschiedlich beantwortet werden. Beispielsweise könnte der Kunde darunter verstehen, wie viel Geld er insgesamt verloren hat in seiner bisherigen Anleger-Historie oder nur innerhalb eines bestimmten Anlagezeitraums. Versteht ein Kunde die Frage jedoch falsch, entwirft der Algorithmus das bestmögliche Portfolio aufgrund fehlerhafter Angaben. Gerade Neulinge können dann unbewusst Entscheidungen treffen, die ihrem Naturell widersprechen.

© SZ vom 29.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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