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Roaming:EU-Kommission zieht umstrittenen Vorschlag zum Roaming zurück

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Es ist nur wenige Tage her, dass die EU-Kommission ihren neuen Vorschlag zur Neuregelung der Roaminggebühren vorstellte. Kern des Vorstoßes: Handy-Nutzer sollen im EU-Ausland künftig 90 Tage im Jahr gratis surfen und telefonieren können. Der Plan stieß auf heftige Kritik. Und nun zieht die EU-Kommission die Konsequenzen. Auf Anordnung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zieht sie den umstrittenen Vorschlag wieder zurück. Das Gesetz soll noch einmal überarbeitet werden, die "nächste Woche wäre angemessen" für einen neuen Vorschlag, so die Kommission.

Die EU-Staaten und das Europaparlament hatten im vergangenen Jahr den weitgehenden Wegfall der Roaminggebühren beschlossen, Einschränkungen aber zunächst offengelassen. Viele waren davon ausgegangen, dass für das Surfen und Telefonieren im Ausland bald gar keine Zusatzkosten mehr anfallen werden. Der Vorschlag blieb hinter diesen Erwartungen zurück. Der Kommission zufolge war er "gut, aber nicht gut genug".

Verbraucherschützer reagierten mit Kritik auf den Vorschlag der Kommission. Das geplante Ende der Roaminggebühren werde damit "nicht erfüllt", sagte etwa Klaus Müller vom Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands: "Der Wegfall der Roaminggebühren für nur 90  Tage entspricht weder der Realität noch dem Alltag eines Verbrauchers." Auch der Europäische Verbraucherverband BEUC kritisierte die Pläne der Kommission. Das lange versprochene Ende des Roamings für die meisten europäischen Verbraucher werde dadurch "keine Realität", sagte BEUC-Experte Guillermo Beltrà am Dienstag. Die Grünen im Europäischen Parlament sprachen von einer "Farce und einer vergebenen Chance".

Verbraucherschützer kritisieren den Kommissionsvorschlag

Die Kommission hatte ihren Vorschlag zunächst verteidigt: Die Abschaffung der Roaminggebühren sei vor allem für Reisende gedacht. Eine kostenfreie Nutzung für 90 Tage im Jahr sei deshalb ausreichend, so die Argumentation der Behörde. Vor allem aber rechtfertigte sie sich damit, dass die Regelung Missbrauch verhindern soll.

Dieses Argument dürfte auch mit den Interessen der Mobilfunkanbieter zu tun haben. Denn eine komplette Abschaffung der Roaminggebühren würde deren Geschäftsmodell bedrohen. Die Anbieter befürchten, dass die Preise europaweit auf das Niveau des günstigsten Anbieters fallen würden. Wer beispielsweise einen günstigeren Mobilfunkvertrag in Rumänien abschließt, könnte diesen bei einer völligen Befreiung von Roaminggebühren auch in Deutschland ganzjährig nutzen. Die europäischen Telefonkonzerne wie die Deutsche Telekom wehren sich deshalb mit aller Kraft gegen einen völligen Wegfall der Gebühren.

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