Eigentlich war alles friedlich im Supermarktregal. Brav stand die Schokolade neben dem Müsliriegel, das Quadrat neben dem Rechteck. Keiner hatte was an der Form des anderen auszusetzen. Bis plötzlich ein Quadrat auftauchte, das den alten Quadraten so gar nicht passte. Seitdem gibt es Streit im Snackregal.
Wegen der Form ihrer Snacks streiten Anwälte, Marketingleute und Formhüter zweier Unternehmen um die Frage: Wem gehört das Quadrat? Auf der einen Seite Ritter Sport, der Hüter der Ecken und Kanten. Auf der anderen Seite das Jungunternehmen Wacker mit seinem quadratischen Müsliriegel „Monnemer Quadrate“.
Den quadratischen Haferriegel verkauft Wacker seit November 2024, er ist gewissermaßen eine Liebeserklärung an Mannheim, die Heimatstadt des Unternehmens. Das Zentrum der Stadt gleicht einem Schachbrett. „Der Riegel ist ein Mannheimer Quadrat zum Essen“, sagt Gründer Matteo Wacker am Telefon, „wir haben dabei gar nicht an Ritter Sport gedacht.“
Verpackungen mit vier gleich langen Kanten hat sich hierzulande aber Ritter Sport schützen lassen, Mitte der 1990er-Jahre war das. Eigentlich sind Formen und Farben grundsätzlich nicht schützenswert, könnte ja jeder kommen und sagen: „Das Quadrat machen jetzt nur noch wir.“ Doch Ritter Sport hatte es mit seiner konsequenten Formtreue seit den 1970er-Jahren geschafft, dass die Menschen bei quadratischen Schokoladentafeln an das Unternehmen denken, wie eine Umfrage zeigte: 1000 Menschen bekamen eine Quadrattafel in weißer Verpackung. 80 Prozent assoziierten sie mit Ritter Sport.
Auch Milka hat sich seine lila Farbe patentieren lassen, man sollte also meinen, dass der Milka-Konzern Mondelez achtgibt auf Farben und Formen, die anderen Marken gehören. Doch auch Mondelez wollte quadratische Schokolade machen und versuchte, das exklusive Nutzungsrecht zu kippen. Der Schokostreit landete vorm Bundesgerichtshof, der 2020 entschied, dass die typisch quadratische Form der Ritter-Sport-Verpackung weiter durch das Markenrecht geschützt bleibt. Quadratisch. Praktisch. Patentiert.
Und so reagierte Ritter Sport auch diesmal empfindlich, als Wacker seinen quadratischen Haferriegel auf den Markt brachte. Im Januar flatterte eine Abmahnung bei Wacker ein. Gleichzeitig rief der Formhüter von Ritter Sport aus Waldenbuch an und sagte: „Alles halb so wild, zieht euren Riegel einfach in die Länge.“
Doch wie das in einem Streit so üblich ist, hört man über den weiteren Verlauf verschiedene Dinge. Wacker habe mit einem Anwaltsschreiben geantwortet, heißt es aus Waldenbuch, in dem es hieß, dass man an der Quadratform festhalten wolle. Aus Mannheim heißt es, man habe einen Lösungsvorschlag gemacht. Vergangene Woche hat Ritter Sport nun Klage eingereicht.
Wacker regierte darauf mit einem Tiktok-Video, in dem Gründer Matteo Wacker mit zwei Kolleginnen ungläubig den Kopf schüttelt. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, steht da. Das BGH-Urteil beziehe sich auf Tafelschokolade, sagt Gründer Wacker am Telefon, nicht auf Haferriegel. „Wir haben eine völlig andere Zielgruppe.“ In Waldenbuch sieht man das freilich anders: Zwischen Schokolade und Müsliriegeln bestehe juristisch gesehen Warenähnlichkeit, das reiche für eine Markenkollision aus. Mitte September trifft man sich vor Gericht. Es wird also noch dauern, bis wieder Ruhe einkehrt im Snackregal.