Süddeutsche Zeitung

Riskante Finanzwetten von Großbanken:JPMorgan verspekuliert zwei Milliarden Dollar

"Fehler, Schlampereien und schlechtes Urteilsvermögen": Die amerikanische Großbank JPMorgan hat auf die Konjunktur gesetzt - und so zwei Milliarden Dollar an den Märkten verloren. Dabei war die Bank von der Finanzkrise gerade aus einem Grund weitgehend verschont geblieben: Sie hatte sich von Risikoinvestitionen ferngehalten.

Die US-Großbank JPMorgan Chase hat nach eigenen Angaben mit einem riskanten Handelsportfolio etwa zwei Milliarden Dollar (rund 1,54 Milliarden Euro) an den Märkten verloren. Die nach der Forbes Global 2000-Liste größte Bank der USA hat damit im zweiten Quartal 2012 im Bereich Firmen- und Privatkapital ("corporate and private equity") einen Verlust von etwa 800 Millionen Dollar erwirtschaftet, der auf bis zu eine Milliarde Dollar anwachsen könnte - bisher ging die Bank von einem Gewinn im Umfang von 200 Millionen Dollar aus.

Die Finanzderivate sollten das Kreditinstitut ursprünglich gegen Risiken bei eigenen Geldgeschäften absichern. Die Bank hatte auf die Konjunktur gesetzt - was sich nun als massive Fehleinschätzung herausstellte. "Das Portfolio hat sich als risikoreicher und für eine wirtschaftliche Absicherung weniger effektiv erwiesen als wir dachten", räumte der Chef des Geldhauses, Jamie Dimon, am Donnerstag vor Reportern ein. "Es gab viele Fehler, Schlampereien und schlechtes Urteilsvermögen. Die Fehler waren ungeheuerlich. Sie waren selbstverschuldet und das ist nicht die Art, wie wir unser Geschäft führen wollen."

Dimon räumte ein, das Unternehmen hätte den Geschäftsbereich strenger unter die Lupe nehmen sollen. Er entschuldigte sich für die verlustreichen Spekulationen: "Wir werden das zugeben, daraus lernen, das wieder geradebiegen und dann weitergehen", sagte er in einer eilig einberufenen Telefonkonferenz zu Wertpapieranalysten.

Die Aktien von JPMorgan sackten nach der Bekanntgabe des Verlustes um fast sieben Prozent ab. Auch Wertpapiere anderer Banken wie Citigroup und Bank of America mussten schwere Einbußen hinnehmen. Die Anteilsscheine von Citigroup tendierten im elektronischen Handel mehr als zwei Prozent schwächer, die von der Bank of America gaben 1,7 Prozent nach. Die Nachricht dürfte damit auch den gesamten Markt belasten. Der S&P 500 Futures brach mehr als elf Prozent ein, der Nasdaq Futures rutschte sogar knapp 17 Prozent ins Minus.

Die Finanzkrise im Jahr 2008 hatte das Kreditinstitut nicht zuletzt deswegen besser weggesteckt als andere Mitbewerber, weil es sich von extrem risikoreichen Investitionen ferngehalten hatte. Im Jahr 2011 hatte die Bank trotz der weltweiten Schuldenkrise einen Rekordgewinn eingefahren. 19 Milliarden Dollar (ungefähr 14,7 Milliarden Euro) blieben am Ende auf der Habenseite.

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