Armin Papperger ist dafür bekannt, dass er lieber mal etwas größer als zu klein denkt. Das war schon so, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Zeitenwende ausgerufen hatte. Da schickte der Rheinmetall-Chef innerhalb weniger Tage gleich mal eine milliardenschwere Bestellliste nach Berlin. 100 Milliarden Euro Sondervermögen? „Sie können davon ausgehen, dass am Ende zwischen 30 und 40 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen zu uns kommen“, sagte er neulich im SZ-Interview. Für Panzer, Flugabwehr, Lkw, Munition. Und er sagte auch, wie er sich die europäische Rüstungsbranche in Zukunft vorstellt. Man brauche einen „europäischen Rüstungs-Champion“, so der 61-jährige. Dass Papperger bei einem solchen Champion die Juniorrolle übernehmen würde, kann man wohl ausschließen. Papperger sieht sich hier durchaus in der vordersten Reihe – mit einem Panzer- und Munitionshersteller, dessen Aktie sich seit dem Ukraine-Krieg von knapp 90 Euro auf heute über 550 Euro verteuert hat.
Dazu passt nun auch die Nachricht vom Mittwoch: Der Rheinmetall-Chef will für 950 Millionen Dollar den US-Zulieferer Loc Performance übernehmen. Nicht nur, um sein eigenes Unternehmen zu vergrößern, Geld ist ja genug in der Kasse. Vor allem geht es dem Manager darum, das Geschäft mit dem amerikanischen Militär auszubauen. Es geht um Aufträge in Milliardenhöhe, die sich die Düsseldorfer von ihrer Übernahme erhoffen. Aufträge für Schützenpanzer und Militär-Lastwagen zum Beispiel. Man kann den Schritt durchaus auch so lesen: Papperger will ein großer Spieler auf dem amerikanischen Rüstungsmarkt werden und sich gleichzeitig für einen möglichen Wahlsieg des Wirtschaftsprotektionsten Donald Trump wappnen. America first, damit also auch US-Panzer first? Das könne Trump „gerne machen“, sagte Papperger neulich der SZ. „Wir sind in den USA als voll amerikanischer Anbieter am Markt.“ So sei das Unternehmen American Rheinmetall Vehicles eine 100-prozentige US-Tochter – „ohne Europäer, nur amerikanisches Management“.
In diese Logik reiht sich auch der Kauf von Loc Performance aus den Bundesstaat Michigan ein. „Durch die Übernahme von Loc Performance weitet der Konzern sein Geschäft mit dem US-Militär aus, vergrößert seine industrielle Basis in den USA und schafft weitere Zugänge für seine Technologien in Nordamerika“, schreibt der Dax-Konzern in einer Mitteilung.
Loc hat an die 1000 Mitarbeiter, eine gute Gelegenheit also für Rheinmetall, sich als US-Hersteller auf dem größten Rüstungsmarkt der Welt zu präsentieren. Wer auch immer am Ende die US-Wahlen gewinnt: Sollte dieser Präsident oder diese Präsidentin zur Auflage machen, dass Rüstungsunternehmen noch mehr lokal in den USA zu produzieren – here we go, Rheinmetall kann liefern. Konzernzentrale in Düsseldorf, börsennotiert im Dax – und operativ auf amerikanischem Boden.
Papperger positioniert sich auch mit Partnern in Europa
Loc unterhält vier Werke in den Bundesstaaten Michigan und Ohio und produziert dort Antriebsstränge, Aufhängungen, Raupensysteme, Gummi- und Panzerungsprodukte und Fahrzeugplattformen. Zu den Kunden von Loc zählen neben dem Militär auch die Bau- und Agrarindustrie. So gesehen aber: Der Zulieferer ist für den Bau von Panzern unerlässlich.
Papperger hat bereits konkrete Projekte im Blick. So geht es um die Ausschreibung für den Nachfolger des Schützenpanzers Bradley, immerhin um 4000 Schützenpanzer im Wert von 45 Milliarden US-Dollar. Aber auch ein 16-Milliarden-Dollar-Projekt für 40 000 Militär-Lkw steht derzeit im Raum.
„Die Vereinigten Staaten werden für uns ein starker Kernmarkt in den kommenden Jahren sein“, sagte der Rheinmetall-Chef erst vor wenigen Tagen in einer Telefonkonferenz. Rheinmetall hat schon eigene Fabriken in den USA und kooperiert mit dem US-Konzern Lockheed Martin.
Es geht gerade Schlag auf Schlag bei den Düsseldorfern. Erst vor ein paar Wochen hatte sich Deutschlands größter Rüstungskonzern für einen Milliarden-Großauftrag aus Italien für Hunderte Panzer positioniert. Dafür will Papperger bei Entwicklung und Produktion mit dem italienischen Rüstungskonzern Leonardo zusammenarbeiten. Ziel: die Gründung eines Joint Ventures, an dem beide Partner zu jeweils 50 Prozent beteiligt sein sollen.
Um einen großen Rüstungs-Champion in Europa zu schmieden, braucht es viele kleinere Schritte. Um seine Position in den USA auszubauen, auch schon mal fast eine Milliarde US-Dollar.