Rezession in den USA:Stärkster Stellenabbau seit 34 Jahren

"Fürchterliche Zahlen": Die Rezession trifft den Arbeitsmarkt in den USA mit voller Wucht. Allein im November haben die Arbeitgeber mehr als eine halbe Millionen Stellen gestrichen.

Die Arbeitslosigkeit in den USA drückte an der Wall Street kräftig auf die Stimmung. Der sich eintrübende Arbeitsmarkt bestätigte schließlich Befürchtungen, dass sich die schwerste Finanzkrise seit 80 Jahren noch verschärft.

Rezession in den USA: Kurssturz: Der Arbeitsmarkt drückte auf die Stimmung an der Wall Street.

Kurssturz: Der Arbeitsmarkt drückte auf die Stimmung an der Wall Street.

(Foto: Foto: AFP)

Die Arbeitslosigkeit erreichte im November den höchsten Stand seit 15 Jahren. Die Unternehmen strichen mehr als eine halbe Millionen Stellen und damit so viele wie seit 34 Jahren nicht mehr. Experten sagen der weltgrößten Volkswirtschaft eine lange Rezession mit weiteren Jobverlusten voraus.

Die Arbeitslosenquote kletterte von 6,5 Prozent im Vormonat auf 6,7 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Freitag mitteilte. Das ist der höchste Wert seit 1993. In den US-Unternehmen (ohne Landwirtschaft) fielen 533.000 Jobs weg - 213.000 mehr als im Oktober. Ein stärkeres Minus gab es zuletzt im Dezember 1974 mit 602.000 Stellen. Jobs wurden quer durch alle wichtigen Branchen abgebaut.

Schlimmer als befürchtet

Analysten hatten mit einer so dramatischen Entwicklung nicht gerechnet, sondern lediglich den Wegfall von 340.000 Stellen erwartet. "Es ist schrecklich", sagte der Experte von Capital Management, Michael Kastner. "Das sind wirklich fürchterliche Zahlen", sagte der Chefvolkswirt von Global Insight, Nigel Gault.

Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist entscheidend für die privaten Konsumausgaben, die wiederum gut zwei Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung ausmachen. Experten erwarten 2009 keine Belebung auf dem Arbeitsmarkt. Ende nächsten Jahres werde die Arbeitslosenquote sogar bei neun Prozent liegen, hieß es.

Die USA stecken bereits seit einem Jahr in der Rezession, deren Ende nicht absehbar ist. Sie ist schon jetzt die drittlängste seit der "Großen Depression" in den 30er Jahren, die knapp vier Jahre währte. Die US-Notenbank versucht mit Zinssenkungen gegenzusteuern. Obwohl der Leitzins nur noch 1,0 Prozent beträgt, gelten weitere Schritte nach unten als ausgemacht.

Obama sagte weiter, diese schmerzhafte Krise gebe den USA aber auch die Gelegenheit, ihre Wirtschaft zu reformieren. Obama erwägt nach seiner Amtsübernahme im Januar, ein Konjunkturprogramm in dreistelliger Milliardenhöhe aufzulegen.

Obama plant vor allem Investitionen in die Infrastruktur wie in den Straßenbau und in Schulen sowie in alternative Energien, auch um die Abhängigkeit vom importierten Rohöl zu verringern. Die scheidende US-Regierung erklärte, sie werde weiter auf eine Erholung der Kredit- und Immobilienmärkte hinarbeiten.

Dow dreht am Ende ins Plus

Die Zahlen vom US-Arbeitsmarkt drückten den Frankfurter Aktienmarkt tief ins Minus. Der Dax ging vier Prozent tiefer auf 4381,47 Punkten aus dem Handel. Auch die US-Börsen hatten die extrem schlechte Arbeitsmarktdaten zunächst ins Minus gedrückt.

Nach einer Achterbahnfahrt drehte der Dow-Jones-Index der Standardwerte zu Handelsschluss noch ins Plus: Er schloss 3,1 Prozent höher auf 8635 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 gewann 3,7 Prozent auf 876 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq stieg 4,4 Prozent auf 1509 Punkte. Im Wochenvergleich gab der Dow-Jones-Index 2,2 Prozent, der S&P-Index ebenfalls 2,2 Prozent und der Nasdaq-Index 1,7 Prozent nach.

Beflügelt von einem Rückgang des Ölpreises haben die US-Börsen am Freitag deutlich fester geschlossen. Im späten US-Handel legte die Wall Street eine Rally hin. Börsianer zeigten sich zuversichtlich, dass der stark gesunkene Preis für Rohöl die Verbraucherausgaben ankurbeln und die Betriebskosten bei Unternehmen senken werde.

Im Blick der Börse standen unter anderem die Autowerte, weil die Zukunft der gesamten Branche skeptisch gesehen wurde: In Washington nahmen die US-Autobauer einen neuen, verzweifelten Anlauf, sich Milliardenhilfen im Kampf gegen den Untergang zu sichern.

Unter Druck gerieten dagegen die Anteilsscheine der Opel-Muttergesellschaft General Motors (GM) mit einem Kursabschlag von 0,7 Prozent. Zu Handelsbeginn hatte für General Motors noch der Optimismus überwogen, nachdem GM und Chrysler eine Fusion angeboten hatten, um an die dringend benötigten Milliardenhilfen aus Washington zu kommen.

Auf den Einkaufslisten der Börsianer standen unter anderem Hochtechnologiewerte. Die Papiere des Softwaregiganten Microsoft legten beispielsweise rund vier Prozent zu. Gesucht waren auch Einzelhandelspapiere wie Wal-Mart, die um 5,6 Prozent kletterten.

Die Aktien des Finanzdienstleisters Hartford Financial Services sprangen 102 Prozent in die Höhe. Der Versicherer hatte zuvor seine Gewinnprognose für 2008 angehoben und von einer sehr guten Kapitalausstattung gesprochen. Im Oktober war der Allfinanzkonzern Allianz bei Hartford mit 2,5 Milliarden Dollar eingestiegen.

An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,59 Milliarden Aktien den Besitzer. 2175 Werte legten zu, 916 gaben nach und 91 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,19 Milliarden Aktien 1874 im Plus, 861 im Minus und 133 unverändert. An den US-Kreditmärkten gaben die zehnjährigen Staatsanleihen um 29/32 auf 101-13/32 nach. Sie rentierten mit 1,704 Prozent. Die 30-jährigen Bonds gingen um 47/32 auf 108-30/32 zurück und hatten eine Rendite von 2,716 Prozent.

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