Rettungsplan für Solarworld:Sonnenkönig ruft um Hilfe

Frank Asbeck kämpft mit Solarworld ums Überleben: Er bittet seine Gläubiger nun an einen Tisch und ringt um einen Schuldenschnitt. Der harte Wettbewerb mit China hat den Solarpionier in die Knie gezwungen. Nun hofft er auf die EU.

Von Markus Balser

Wie gut es der deutschen Solarbranche mal ging, hoch über Remagen erhebt sich der steinerne Beweis. Schloss Marienfels: 18 Zimmer erbaut im neugotischen Stil, 800 Quadratmeter Wohnfläche, 20 Stellplätze, Schwimmbad, Sauna, zehn Hektar Wald - die neueste Errungenschaft von Solarworld-Gründer und -Chef Frank Asbeck. Bislang war Moderator Thomas Gottschalk dort zu Hause. Seit Anfang des Jahres gehört es Asbeck, Deutschlands Solarpionier.

Die private Millionen-Immobilie des Unternehmers ist das letzte Zeichen einer großen deutschen Solar-Ära. Weltmarktführer, Börsenwunder, Jobmaschine - manchen Unternehmer und viele Aktionäre hat der Solarboom auf Deutschlands Dächern reich gemacht. Vorbei. Unten im Rheintal geht es im Alltag längst viel weniger prunkvoll zu als im neuen Anwesen des 53-Jährigen. Kursrutsch, Insolvenzsorgen, Stellenabbau: Asbecks Bonner Unternehmen, der letzte verbliebene grüne Vorzeigekonzern aus Deutschland mit Weltruf, kämpft in diesen Tagen ein paar Kilometer flussabwärts von Remagen um seine Existenz.

Papier fiel von 40 Euro auf 70 Cent

Die schwere Krise der deutschen Solarbranche hat auch den Branchenführer mit voller Wucht erwischt. Der harte Wettbewerb mit China, der bereits Rivalen wie Q-Cells, Solon und Dutzende weitere Unternehmen weltweit in die Pleite getrieben hat, hat auch das Bonner Unternehmen mit noch fast 3000 Beschäftigten in bedrohliche Schieflage katapultiert. Solarworld ist inzwischen ganz von seinen Gläubigern abhängig: Eigenkapital ist nicht mehr vorhanden.

Für den Solarkonzern und seinen Gründer ist es ein tiefer Fall. Denn kaum jemand in der deutschen Solarszene setzte sich mit seinen Millionen im Rücken so wirkungsvoll in Szene wie Asbeck. 2008, zum Dreikönigstag, schenkte er dem Papst eine Solaranlage für das Dach der päpstlichen Audienzhalle. Im selben Jahr bot er sich sogar an, den angeschlagenen Autobauer Opel zu retten - mit bis zu einer Milliarde Euro wollte er die deutschen Standorte absichern. Es waren die Hochzeiten des Solarbooms, und Solarworld-Papiere kosteten rund 40 Euro. Heute ist Solarworld selbst ein Sanierungsfall. Die Papiere sind gerade mal noch 70 Cent wert.

"Dumpingpraktiken" der Konkurrenz aus China

Solarworld macht vor allem "Dumpingpraktiken" der chinesischen Konkurrenz für seine schwierige Lage verantwortlich. Das Unternehmen ächzt unter Verbindlichkeiten von mehr als einer Milliarde Euro. Davon entfallen gut 500 Millionen Euro auf 2016 und 2017 fällig werdende Anleihen. Seit Januar verhandelt Asbeck nun schon mit den Gläubigern über einen Schuldenschnitt, um eine Sanierung zu ermöglichen. Bereits in dieser Woche könnte eine Entscheidung fallen.

Wo einst der deutsche Bundestag zusammenkam, treffen sich an diesem Mittwoch und Donnerstag die Anleihe-Gläubiger des Konzerns. Sie sollen hinter verschlossenen Türen erfahren, wie der Konzern gerettet werden soll. Es dürfte ein turbulentes Treffen werden, denn den Investoren drohen harte Einschnitte: Mit einer Art Insolvenz light sollen die Gläubiger auf weite Teile ihres Vermögens verzichten. Nach Unternehmensangaben haben wichtige Gläubiger bereits einem Schuldenschnitt zugestimmt. Sie wollen auf 60 Prozent der langfristigen Verbindlichkeiten verzichten. Im Gegenzug sollen sie dafür Solarworld-Aktien bekommen. Ob es gelingt, wie gefordert, alle Gläubiger von dem Plan zu überzeugen, sei völlig offen, heißt es aus dem Konzern.

Geht der Plan auf, endet eine Ära: Denn den bisherigen Aktionären blieben dann nur fünf Prozent des Kapitals, der Rest soll an die Gläubiger gehen. "Auch der Einfluss von Gründer Asbeck schrumpft damit auf Minimalmaß", sagt ein Insider. Asbecks Anteil am Konzern würde mit dem Umbau von 28 auf 1,4 Prozent sinken.

Forderung nach Strafzöllen gegen chinesische Billiganbieter

Doch ob die Rettungsaktion helfen kann, ist offen. Denn Solarworld dürfte nur eine Überlebenschance haben, wenn die EU gegen chinesische Billiganbieter durchgreift und wie geplant Strafzölle auf Importe verhängt. Das ist aber mehr als ungewiss: Auch in Deutschland wächst aus Angst vor einem Handelskrieg der Widerstand. Am Wochenende verwies der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) auf die enorme Bedeutung von China für die hiesige Konjunktur. "Vor Einleitung von Antidumping-Verfahren gegen China sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, auf dem Verhandlungsweg Lösungen zu finden", sagte Verbandspräsident Ulrich Grillo in Berlin. "Die deutsche Industrie ist mit ihrem hohen Exportanteil auf offene Märkte angewiesen." Nach Angaben aus Branchenkreisen bemühen sich Diplomaten aus Brüssel und den USA derzeit in Peking zwar noch um eine Beilegung des Streits. Doch China zeige offenbar wenig Entgegenkommen in den Gesprächen.

"Es ist Zeit zu handeln", sagte am Dienstag Milan Nitzschke, Präsident der Initiative EU Pro Sun, die das Antidumping-Verfahren zu den Solarmodulen durch eine Beschwerde angestoßen hatte. China verstoße seit drei Jahren gegen Welthandelsregeln. In dieser Zeit seien 30 Solarfirmen in die Pleite geschlittert. "Jetzt müssen wir endgültig darauf dringen, dass Regeln auch umgesetzt werden", sagt Nitzschke. Dem harten Konkurrenzkampf waren zuletzt auch Hersteller aus den USA zum Opfer gefallen.

Immer größere Hoffnungen setzt Solarworld bei seiner Rettung derweil in einen Investor aus Katar. Dabei handelt es sich offenbar um den langjährigen Solarworld-Partner Qatar Solar Technologies. Er könnte bis zu 20 Prozent am finanziell sanierten Unternehmen halten, heißt es aus dem Unternehmen. Auch Asbeck selbst prüft offenbar, noch einmal Geld in den Konzern zu schießen und seinen Anteil wieder aufzustocken. Dennoch: Die Mehrheit an Solarworld wird im Fall der Rettung wohl bei Banken und Hedgefondsliegen.

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