Rettungspaket:Bitte nach Ihnen!

Die Banken trauen sich nicht unter den Rettungsschirm: Sie fürchten ein Stigma, wenn sie sich zu finanziellen Engpässen bekennen. Jetzt ruft der Erste nach einer Zwangsteilnahme.

Caspar Dohmen und Helga Einecke

Das Rettungspaket für die deutschen Banken steht, aber die wenigsten wollen Geld vom Staat haben. Zumindest wollen sie es nicht öffentlich zugeben. Sie fürchten massive Nachteile, wenn sie sich zu finanziellen Engpässen bekennen. Siegfried Jaschinski, der Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), hat diese Nachteile bereits erlebt.

Rettungspaket: Bislang hat nur die BayernLB das Rettungspaket der Bundesregierung in Anspruch genommen.

Bislang hat nur die BayernLB das Rettungspaket der Bundesregierung in Anspruch genommen.

(Foto: Foto: ddp)

Vor einer Woche - das Rettungspaket war noch gar nicht vom Parlament genehmigt - sagte Helmut Linssen (CDU), Finanzminister in Nordrhein-Westfalen, die LBBW werde die staatlichen Hilfen wohl als erste Bank benötigen. Mit dieser Aussage brachte er das Stuttgarter Institut ins Gerede. Geschäftspartner der LBBW meldeten sich und fragten, was mit der Bank los sei. Jaschinski musste umgehend reagieren, damit seinem Haus nicht Geschäfte entzogen oder Gelder abgezogen würden.

Nein, die LBBW benötige das Rettungspaket nicht, beeilte er sich zu sagen und bleibt bis heute dabei. Es sei genügend Eigenkapital da, fällige Anleihen seien ordentlich finanziert. Dabei ist die LBBW nicht einmal an der Börse notiert, sondern gehört dem Land und den Sparkassen.

Vergleichbare Erfahrungen machte die Commerzbank. Als ihr Chef Martin Blessing nur sagte, er werde das Rettungspaket prüfen, sank der Aktienkurs weit mehr als jener der Deutschen Bank, die kein Geld vom Staat will.

Staatliche Garantien zu attraktiven Preisen

Die Furcht vor einer Stigmatisierung offenbart eine Fehlkonstruktion des Rettungspakets. Wer mitmachen will und das öffentlich zugibt, gerät umgehend unter Verdacht, der nächste Pleitekandidat zu sein. Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma haben andere Länder vorgemacht. Die USA und Frankreich verordneten einfach allen Banken die Teilnahme an der Rettung, egal, ob sie Geld benötigen oder nicht.

Etwas Ähnliches schwebt auch Jaschinski vor. Er macht sich dafür stark, dass alle Kreditinstitute zwar nicht die Eigenkapitalhilfen, aber die Garantien in Anspruch nehmen. "So einen Weg halte ich nicht für ausgeschlossen", sagte er vor Frankfurter Wirtschaftsjournalisten.

Die staatlichen Garantien müssten den Banken zu attraktiven Preisen angeboten werden. Sie dienten schließlich dazu, die Realwirtschaft zu stützen, also die Kreditvergabe an Unternehmen zu sichern, und nicht, "um Banken vor dem Fallieren zu bewahren".

Von selbst werden sich die Banken allerdings nicht zum gemeinsamen Vorgehen aufraffen. Erst Anfang der Woche scheiterte Sparkassenpräsident Heinrich Haasis damit, alle Landesbanken zu einer Teilnahme an dem Rettungspaket zu bewegen. Wie zu hören ist, will sich die Gruppe der Landesbanken nicht öffentlich als erste an den Pranger stellen lassen.

Mit der Einigkeit dieser Gruppe ist es nicht weit her. Fusionen wurden in der Vergangenheit oft diskutiert, abgesagt oder verschoben. Inzwischen machen die massiven Probleme der BayernLB Hoffnungen auf eine rasche Neuordnung zunichte. "Auf absehbare Zeit sind bei den Landesbanken keine Fusionen erkennbar", sagen Fachleute. Mittlerweile habe sich bei allen Häusern die Erkenntnis durchgesetzt, dass erst die Hausaufgaben gemacht werden müssen: ein tragfähiges Geschäftsmodell zu finden.

Steinbrück macht Druck

Niemand rechnet mehr mit einem schnellen Zusammenschluss zwischen der BayernLB und der Landesbank Baden-Württemberg zu einer Südbank. "Die LBBW würde die Rolle des Lumpensammlers überfordern", heißt es. Außerdem wollten die jeweiligen Eigentümer der Landesbanken, Länder und Sparkassen, erst einmal die Endabrechnung aller Institute für dieses Jahr abwarten.

Nachdem die BayernLB den Rettungsschirm in Anspruch nimmt und WestLB sowie HSH Nordbank dies prüfen, sind viele Landesbanker auf die Jahresbilanz der LBBW gespannt. Deren Chef Jaschinski redet nicht nur für sein Haus, sondern als Präsident des Verbandes öffentlicher Banken auch für die Gruppe. Er schweigt zur Frage, ob es künftig anstelle der sieben selbständigen Landesbanken nur eine, zwei oder drei geben sollte. Als riskant bezeichnet er die Spezialisierung von Landesbanken auf ein Geschäftsfeld, etwa auf den Schiffbau. Auch brauchten die Landesbanken private Kunden, vor allem solche mit hohem Vermögen und Einkommen. Er befürwortet also eine Verflechtung von Landesbanken und Sparkassen, wie es sie in Baden-Württemberg und Hessen gibt.

Sollten mehrere Landesbanken die staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen, steigen dennoch die Chancen von Zusammenschlüssen und Übernahmen. Denn der Bund könnte als neuer Miteigentümer Auflagen für die Geschäftspolitik machen. Anders als die Ministerpräsidenten der Länder hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wenig Verständnis für die Vielzahl der Landesbanken ohne überzeugende Geschäftsmodelle. Als Schiedsrichter für die staatlichen Bankenhilfen hat er einen Mann vom Fach engagiert: Günther Merl war bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender der Landesbank Hessen-Thüringen.

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