Süddeutsche Zeitung

Restaurant-Lieferdienst:Amazon steigt bei Deliveroo ein

Das Engagement bei dem britischen Lieferservice verstört die Anleger.

Von Hans von der Hagen

Amazon drängt mit Macht in das europäische Geschäft mit Nahrungsmitteln - wenn auch auf Umwegen: Der Internethändler kauft sich beim britischen Lieferservice Deliveroo ein. Amazon führe die jüngste, 575 Millionen Dollar schwere Finanzierungsrunde an, teilte Deliveroo mit. Auch die Altaktionäre des Unternehmens, die Investoren T Rowe Price, Fidelity und Research Company, hätten zusätzliches Geld gegeben. Insgesamt haben Investoren 1,5 Milliarden Dollar in die 2013 gegründete Firma gesteckt.

Amazon hatte vor dem Einstieg bei Deliveroo zunächst versucht, in Großbritannien selbst einen Lieferdienst für Restaurantbestellungen aufzubauen. Doch nach zwei Jahren wurde das Vorhaben Ende Dezember 2018 eingestellt. Dass Amazon stattdessen nun bei Deliveroo einsteigt, sorgt an der Börse für viel Verunsicherung - die Aktien der Konkurrenten stürzten ab. Die Papiere von Delivery Hero fielen zeitweise um mehr als fünf Prozent. In Amsterdam gaben die Titel der Lieferando-Mutter Takeaway mehr als sechs Prozent ab. Takeaway hatte erst im Dezember für eine Milliarde Dollar auch das Deutschland-Geschäft von Delivery Hero mit Firmen wie Lieferheld, Pizza.de oder Foodora übernommen. Foodora gilt als schärfster Konkurrent von Deliveroo in Deutschland: Beide Unternehmen sind im oberen Marktsegment tätig. Besonders deutlich gaben die Papiere des britischen Deliveroo-Rivalen Just Eat ab, die sich um knapp elf Prozent verbilligten. Anleger fürchten, dass Just Eat sich zwischen Konzernen wie Amazon und Uber schwer tun könnte: Der Fahrdienst hat mit Uber Eats selbst einen Lieferdienst aufgebaut. Die Angst vor wachsendem Konkurrenzdruck durch Deliveroo sei allerdings überzogen, schrieb ein Experte der Investmentbank Liberum. Just Eat habe als Nummer eins in Großbritannien wenig zu befürchten, da der Marktanteil für den wirtschaftlichen Erfolg entscheidend sei.

Deliveroo ist in 14 Ländern tätig und hat nach eigenen Angaben 60 000 Fahrradkuriere unter Vertrag, die Menüs aus 80 000 Restaurants ins Haus liefern. Mit Hilfe des Geldes aus der jüngsten Finanzierungsrunde will Deliveroo neue Liefergebiete und Geschäftsfelder erschließen. Zum Beispiel den Bereich der Lieferküchen. Sie werden derzeit in Großbritannien getestet. Das Prinzip: Deliveroo stellt - je nach aktueller Nachfrage - in bestimmten Gegenden kurzfristig einfache Räumlichkeiten etwa von Form von Containern zur Verfügung. In denen können sich Partnerbetriebe einmieten und dann ausschließlich für den Lieferservice Essen zubereiten. Auf diese Weise kann Deliveroo die Zustellwege verkürzen - und gleichzeitig Terrain gutmachen: Konkurrent Uber Eat experimentiert ebenfalls mit solchen Pop-up-Küchen.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2019
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