Rentner:Renten-Plus hat für viele Menschen Tücken

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Glücklich übers Rentenplus? Etwa 70000 Ruheständler müssen in diesem Jahr erstmals eine Steuererklärung machen. (Foto: Felix Kästle/dpa)
  • Rentenerhöhungen im Sommer 2015 haben für etwa 70 000 Rentner zur Folge, dass sie eine Steuererklärung abgeben müssen.
  • 2016 kommen weitere Ruheständler hinzu: Im Juli erwarten Experten die stärkste Rentenerhöhung seit zwei Jahrzehnten.

Fragen und Antworten von Berrit Gräber , München

Etwa 21 Millionen Ruheständler dürfen sich seit vergangenem Juli über etwas mehr Rente freuen: Der Staat hat ihre Altersbezüge um 2,1 Prozent in den alten und 2,5 Prozent in den neuen Bundesländern angehoben. Doch das schöne Plus hat für etwa 70 000 Rentner die unangenehme Folge, dass ihnen jetzt der Fiskus im Nacken sitzt. Schon wegen ein paar Euro mehr im Monat rutschen sie erstmals in die Steuerpflicht: Überschreitet ein Rentner 2015 den steuerfreien Grundfreibetrag von 8472 Euro, ist er verpflichtet, eine Steuererklärung zu machen, erklärt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL).

Wenigstens heißt das noch nicht, dass man als Rentner gleich zahlen muss. Auch wer sich 2015 aus dem Berufsleben verabschiedet hat, sollte sich kümmern. Weil jeder neue Rentnerjahrgang weniger Steuerfreiheit hat, müssen immer mehr Senioren eine Steuererklärung abgeben. 2016 kommen weitere Ruheständler hinzu: Im kommenden Juli steht die kräftigste Rentenerhöhung seit 20 Jahren an. Im Gespräch ist ein Plus von vier bis fünf Prozent.

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Für wen gilt überhaupt die Steuerpflicht und warum?

Das liegt vor allem am Alterseinkünftegesetz von 2005. Seither steigt für jeden neuen Rentnerjahrgang der steuerpflichtige Anteil in kleinen Schritten an. Neurentner in 2005 mussten noch 50, die in 2008 schon 56 Prozent ihrer Bezüge lebenslang versteuern. Wer 2015 erstmals Altersrente bekam, muss 70 Prozent davon versteuern. Neurentner in diesem Jahr sind schon mit 72 Prozent dabei, 2040 sind es dann 100 Prozent. Auch der Versorgungsfreibetrag für Beamten- und Firmenpensionäre schmilzt Jahr für Jahr dahin - bis 2040 auch hier die Steuerpflicht zu 100 Prozent greift. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums sind dieses Jahr schon etwa 3,9 Millionen Rentner steuerpflichtig, alsoetwa jeder fünfte Ruheständler. 2011 waren es erst 3,5 Millionen.

Was hat eine Rentenerhöhung für Folgen?

Auch eine gestiegene Rente kann eine Steuerpflicht auslösen. Von etwa 14 Millionen Rentnerhaushalten im Land geben bisher etwa drei Viertel keine Steuererklärung ab. Doch das muss nicht automatisch für immer gelten. Auch wer sich bislang nicht kümmern musste, kann nach einer Rentenerhöhung plötzlich doch die Pflicht haben, mit dem Finanzamt abzurechnen - manchmal nur wegen ein paar Euro mehr Geld im Monat. Gehen die Renten nach oben, ist das Plus voll steuerpflichtig. Der Freibetrag, den jeder Rentner lebenslang bekommt, steigt nicht mit. "Rutscht jemand nur knapp in die Steuerpflicht rein, muss er aber höchstens minimal Steuern zahlen", sagt Steuerexperte Rauhöft.

Was ist mit der betrieblichen Rente - oder der Mütterrente ?

Weil bei manchen Ruheständlern im Laufe der Zeit noch betriebliche Renten und Pensionen dazukommen, die Freibeträge aber nicht mehr reichen, kann ebenfalls eine Steuererklärung nötig werden. Aufpassen sollten auch Frauen und Männer, die die neue Mütterrente bekommen. Diese zahlt der Staat seit 1. Juli 2014 für die Erziehungszeiten ihrer vor 1992 geborenen Kinder. Bekommen Betroffene mehr Geld, können auch sie plötzlich gehalten sein, eine Steuererklärung abgeben zu müssen.

Wer muss auf jeden Fall abrechnen?

In jedem Fall bei Einkünften aus mehreren Quellen. Zum Beispiel, wenn zur gesetzlichen Rente Zusatzeinkommen wie eine Betriebs- oder Privatrente (beispielsweise Riester-und Rürup-Rente) dazukommt, Miet- und Kapitaleinkünfte (Zinsen, Dividenden) oder ein Nebenverdienst. In der Pflicht sind meist auch Ehepaare, von denen einer noch arbeitet, speziell, wenn der Berufstätige in Steuerklasse III ist. Auch die Witwenrente muss versteuert werden, ebenso Erwerbsminderungs-, Waisen- und Erziehungsrenten. Eine gesetzliche Unfallversicherung bleibt dagegen steuerfrei, häufig auch die Schadenersatz- oder Grundsicherungsrente.

Wer hat Ruhe vorm Fiskus?

All jene, die nur eine kleine gesetzliche Rente erhalten. Lag das Einkommen eines Neurentners 2015 beispielsweise bei maximal etwa 1220 Euro, bleibt es steuerfrei. Eine Steuererklärung ist dann überflüssig. Auf einen Minijob mit bis zu 450 Euro Einkommen im Monat wird ebenfalls keine Steuer fällig. Sobald aber weitere Einnahmen oder ein sozialversicherungspflichtiger Nebenberuf dazukommen, kommen Rentner in der Regel nicht mehr an der Steuer vorbei.

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Was lässt sich gegenrechnen?

Nicht jede Steuererklärung bedeutet, dass am Ende auch Steuern zu zahlen sind. Mit Freibeträgen und Pauschalen kann die Steuerlast gedrückt oder bestenfalls ganz vermieden werden. Freibeträge im Alter gibt es für Renten, Pensionen und auch für Nebeneinkünfte. Von der gesetzlichen Rente bleiben zum Beispiel je nach Rentenbeginn 30 Prozent (für Neurentner 2015) bis 50 Prozent steuerfrei (Rentenbeginn 2005). Genauso hoch ist auch der steuerfreie Teil für Renten aus beruflichen Versorgungswerken und Rürup-Verträgen.

Was zählt noch?

Neben den Freibeträgen lässt sich mit Ausgaben das zu versteuernde Einkommen von Rentnern und Pensionären ordentlich senken. Absetzbar sind zum Beispiel Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, für Privathaftpflicht-, Unfall- und Sterbegeld-Policen. Gleiches gilt für Spenden, Gewerkschaftsbeiträge, Handwerkerlöhne, Aufwendungen für die Gesundheit wie die Anschaffung von Brille oder Zahnersatz, außerdem für die Pflege.

Schwerbehinderte mit Ausweis haben noch Extra-Freibeträge. Erst wenn am Ende der Grundfreibetrag von 8472 Euro (für 2015) definitiv übertreten wird, werden auch Steuern fällig.

Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner gilt der doppelte Wert. Ein Großteil der Rentner müsse deshalb nach wie vor keine Einkommensteuer entrichten, sagt Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbands der Lohnsteuerhilfevereine (BDL).

Was weiß das Finanzamt?

Viele Rentner müssen eine Steuererklärung einreichen, "obwohl sie durch Gegenrechnen letzten Endes doch unter dem Grundfreibetrag liegen und gar keine Steuern zahlen müssen", sagt Rauhöft. Der Fiskus erfährt, ob die Einkünfte so hoch sind, dass Steuern fällig werden. Er verschickt dann die Aufforderung, eine Steuererklärung abzugeben. Für die Jahre bis 2009 ist die Steuer noch nicht verjährt. Solange sich das Finanzamt nicht gemeldet hat, ist es noch nicht zu spät fürs Nachholen von Versäumtem. Steuererklärungen können dann ohne Sanktionen kommentarlos nachgereicht werden.

© SZ vom 08.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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