Süddeutsche Zeitung

"Einfach Elster":Software hilft Ruheständlern bei der Steuererklärung

Ab sofort bieten die Finanzämter eine elektronische Steuererklärung für Rentner und Pensionäre an: Wichtige Daten sind schon vorgegeben. "Einfach Elster" soll sogar helfen, Steuern zu sparen.

Von Hendrik Munsberg

Rudolf Hartwig, 75, Wirtschaftsingenieur aus Ratingen, ging 2011 in Rente. Damals, so erzählt er heute, machte er eine Erfahrung, die er jetzt "Anlaufschwierigkeiten" nennt. Das ist - mit immerhin einem Jahrzehnt Abstand - eine nüchterne Umschreibung für das, was viele erleben, wenn sie in den Ruhestand wechseln: Auch Rentner müssen eine Steuererklärung abgeben, wenn ihr zu versteuerndes Einkommen den jährlichen Grundfreibetrag übersteigt. Und es kann ziemlich lästig sein, die Höhe der verschiedenen Rentenzahlungen und Sozialabgaben zusammenzusuchen und korrekt in die Steuererklärung einzutragen.

Was Hartwig besonders wurmt: Seine finnische Ehefrau hat es seit Langem deutlich leichter. Weil sie ihre Rente in Finnland bezieht. Die dortigen Steuerbehörden zeigen sich entgegenkommend. Pünktlich Mitte März erhält seine Frau eine vorausgefüllte Steuererklärung, verbunden mit der Aufforderung, diese bis Ende Mai zu ergänzen und gegebenenfalls korrigiert zurückzuschicken. Als Hilfestellung erhält sie zwei Seiten, auf denen alles zusammengetragen ist, was steuererhöhend oder -mindernd wirkt, plus Verweis auf die entsprechenden Formulare.

Für deutsche Ruheständler, die es mit dem Finanzamt zu tun bekommen, mutet solcher Service fast paradiesisch an. Jetzt aber tut sich auch hierzulande etwas: Seit Ende März bieten die deutschen Finanzbehörden bundesweit www.einfach.elster.de an.

Was ist "Einfach Elster"?

Bayerns Finanzminister Albert Füracker wirbt: Mit dieser "elektronischen Steuererklärung für Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionärinnen und Pensionäre" lasse sich die Einkommensteuererklärung "schnell und bequem online erledigen". Durch die "einfach zu bedienende, kostenlose" Anwendung entfalle "die Papierarbeit". "Einfach Elster" ist erstmals für die Einkommensteuererklärung 2021 nutzbar. Stichtag für die Abgabe ist der 31. Juli 2022.

Was kann die Software?

Der entscheidende Vorteil ist: Elektronische Bescheinigungen wie inländische Renteneinkünfte oder Pensionen sowie Daten zur Kranken- und Pflegeversicherung liegen dem Finanzamt vor und werden von "Einfach Elster" automatisch berücksichtigt. Sie müssen von nun an nicht mehr extra eingetragen werden. Und die Software hilft, durch die Steuererklärung zu navigieren und dabei auch Steuern zu sparen. Das Versprechen lautet: "Sie müssen lediglich ein paar Fragen zum Beispiel zu Spenden, Arztrechnungen, Behinderung, haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerkosten beantworten."

Wo bekommt man "Einfach Elster"?

Seit Ende März muss man nur www.einfach.elster.de aufrufen, sich dann registrieren und eine Zugangsnummer beantragen. Erforderlich dafür ist die steuerliche Identifikationsnummer, die auf der ersten Seite des Einkommensteuerbescheids oben links zu finden ist, außerdem die Eingabe des Geburtsdatums. Nach der Registrierung kommt, so jedenfalls das Versprechen, "wenige Tage" später die Zugangsnummer per Post. Man kann seine Identifikationsnummer aber auch erfragen unter www.identifikationsmerkmal.de.

Wer kann "Einfach Elster" nutzen?

Die Software richtet sich "an Personen, die inländische Renten oder Pensionen" bekommen. Dabei geht es um Zahlungen von gesetzlicher Rentenversicherung, landwirtschaftlichen Alterskassen, berufsständischen Versorgungseinrichtungen, Pensionskassen, Pensionsfonds, Versicherungsunternehmen sowie Anbietern von "Rürup"- und "Riester-Renten".

Aber: Darüber hinaus dürfen Nutzer von "Einfach Elster" nur folgende Einkünfte haben: pauschal besteuerte Bezüge aus Mini-Jobs (450 Euro monatlich) oder Kapitaleinkünfte, bei denen bereits Abgeltungsteuer an das Finanzamt abgeführt oder (per Freistellungsauftrag) der Sparerpauschbetrag in Anspruch genommen wurde.

Welche Ruheständler sind ausgeschlossen?

Wer "Einfach Elster" nutzt, darf grundsätzlich "keine anderen Einkünfte" erzielen. Das betrifft also Ruheständler, die beispielsweise zusätzlich noch eine Ferienwohnung vermieten, freiberuflich tätig sind oder deren Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner erwerbstätig ist. Das Gleiche gilt, wenn man bislang unversteuerte Kapitaleinkünfte hat.

Warum zahlen immer mehr Rentner Steuern?

Das liegt am Alterseinkünftegesetz, das 2005 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Kraft trat. Danach wächst die Besteuerung der Renten mit jedem Jahr. Wurde 2005 nur die Hälfte der Rente besteuert, so sind es 2022 schon 82 Prozent (siehe Tabelle). Das ist der Grund dafür, dass immer mehr Ruheständler Steuern bezahlen müssen, inzwischen sind es rund sechs von insgesamt 21 Millionen Rentnern.

Aber Achtung! Was die Anhebung der Rentenbesteuerung konkret bedeutet, wird erst durch ein Zahlenbeispiel wie das folgende deutlich: Heiko M. ging im Dezember 2020 in Rente. Laut Tabelle werden also 80 Prozent seiner Rente versteuert, der Rest von 20 Prozent bleibt unversteuert. Der "Rentenfreibetrag" wird aber immer erst im Folgejahr festgelegt, wenn man erstmals volle zwölf Monate Rente bezieht. Bei Heiko M. war dies das Jahr 2021, in dem er eine Jahresbruttorente von 12 000 Euro erhielt. Sein jährlicher Rentenfreibetrag wurde somit auf 2400 Euro (20 Prozent von 12 000) festgelegt. Wichtig dabei ist: Dieser Rentenfreibetrag wird bei jedem immer bis zum Lebensende festgeschrieben und nicht erhöht - auch nicht bei künftigen Rentenerhöhungen. Und eben das ist der Grund, warum Rentenerhöhungen dazu führen, dass man immer mehr oder überhaupt nur deswegen Steuern zahlen muss.

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