Renten:Nur die Inflation steigt stärker

Renten: Gute Nachrichten für Rentner: Erstmals bekommen sie in Ost und West das Gleiche - und das ein Jahr früher, als bisher geplant.

Gute Nachrichten für Rentner: Erstmals bekommen sie in Ost und West das Gleiche - und das ein Jahr früher, als bisher geplant.

(Foto: Ute Grabowsky/imago/photothek)

Der robuste Arbeitsmarkt und die deutlichen Lohnzuwächse sorgen für ein unerwartet großes Plus bei den Renten. Wirklich mehr haben die meisten Älteren damit aber trotzdem nicht zur Verfügung.

Von Roland Preuß

Deutschlands Ruheständler können dieses Jahr mit einem deutlichen Plus bei den Renten rechnen. Laut Bundesarbeitsministerium erhalten zum 1. Juli Rentnerinnen und Rentner im Westen 4,39 Prozent mehr Geld, in Ostdeutschland sind es 5,86 Prozent. Das ist deutlich mehr als die Deutsche Rentenversicherung (DRV) noch im Herbst vorhergesagt hatte.

Mit der Anpassung gilt in West und Ost nun ein gleich hoher aktueller Rentenwert, wegen der höheren Lohnsteigerung im Osten wird die Rentenangleichung sogar ein Jahr früher erreicht als gesetzlich vorgesehen, erklärte das Arbeitsministerium. Bisher ist das Rentenniveau in Ostdeutschland noch etwas niedriger als im Westen. In diesem Jahr hätten laut Gesetz mindestens 99,3 Prozent des Westwerts erreicht werden müssen. Weil die Löhne im Osten jedoch stärker stiegen als im Westen, wird nun der aktuelle Rentenwert Ost auf den Westwert angehoben, das heißt, es gelten die gleichen Maßstäbe.

Hintergrund der unerwartet positiven Entwicklung für die Rentner ist die stabile Lage auf dem Arbeitsmarkt. Trotz der Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und der folgenden Energiekrise ist eine Massenarbeitslosigkeit ausgeblieben. Im Gegenteil haben die Menschen ihre Arbeitsplätze behalten oder sogar neue gefunden, viele Unternehmen suchen zusätzliche Mitarbeiter. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist auf 34,7 Millionen gewachsen. Sie zahlen wiederum in die Rentenkasse ein, die Deutsche Rentenversicherung verzeichnete deshalb im vergangenen Jahr ein Plus von 3,4 Milliarden Euro.

Zentral für den Anstieg der Renten ist die Entwicklung der Löhne, die je nach Branche deutlich angestiegen sind. Die Gewerkschaften haben versucht, durch hohe Lohnforderungen zumindest einen Großteil des Kaufkraftverlusts durch die stark gestiegenen Preise auszugleichen. Das hat nun auch einen Anstieg der Renten zur Folge.

Zudem spielt die Entwicklung der Lebenserwartung eine Rolle für die Rentenkassen - konkret der traurige Umstand, dass viele Ältere im Zuge der Corona-Pandemie gestorben sind und damit die Lebenserwartung, anders als in den vergangenen Jahrzehnten üblich, nicht weiter zugenommen hat.

Zudem wirkt auch der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor, der berücksichtigen soll, dass immer mehr Rentenbeziehenden immer weniger Beitragszahler gegenüberstehen. Dieser Faktor führt laut Arbeitsministerium dazu, dass die Renten 2023 um 0,1 Prozent weniger steigen als es sonst der Fall gewesen wäre.

Heil arbeitet an einer neuen Rentenreform

Aber selbst die unerwartet stark steigenden Renten dürften nicht ausreichen, um die Preissteigerungen im Alltag auszugleichen. Die Verbraucherpreise hatten zuletzt im Februar um 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zugelegt, also nochmals deutlich mehr als die geplante Rentensteigerung. Vergangenes Jahr hatten die Rentner im Westen 5,35 Prozent und im Osten 6,12 Prozent mehr erhalten. Mit einem starken Rückgang der Teuerung bis zum Stichtag am 1. Juli rechnen Fachleute nicht. Laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sind Menschen im Rentenalter ähnlich stark von den Preissteigerungen betroffen wie der Rest der Bevölkerung.

Das Arbeitsministerium räumte ein, dass die Rentenanpassung hinter der Inflation zurückbleibt, dies sei aber "nur eine Momentaufnahme". Betrachte man die Entwicklung des aktuellen Rentenwerts in den vergangenen zehn Jahren seit 2012, so betrage der Anstieg im Westen insgesamt 26 Prozent, im Osten sogar 40 Prozent, erklärte das Ministerium. Im gleichen Zeitraum seien die Preise nur um 20 Prozent gestiegen. Zudem sähen jüngst abgeschlossene Tarifverträge beachtliche Lohnerhöhungen vor. "Sie werden sich dann in der Rentenanpassung zum 1. Juli 2024 abbilden." Die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit zudem darauf verwiesen, dass Ruheständler nicht nur von höheren Renten profitieren, sondern auch durch andere Maßnahmen einen Ausgleich erfahren, zum Beispiel durch das erweiterte Wohngeld, das vielen Senioren mit geringen Einkünften zugutekomme, oder durch die Strom- und Gaspreisbremse.

Arbeitsminister Heil bereitet derzeit zudem eine weitere Rentenreform vor. Sein erklärtes Ziel ist, die gesetzliche Rente langfristig zu stabilisieren. Hierzu soll das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent des Durchschnittslohns dauerhaft festgeschrieben werden. Zugleich soll mit der sogenannten Aktienrente an den Finanzmärkten Kapital angelegt werden, um damit später die Rentenkassen zu unterstützen. Kritiker bezeichnen die Pläne allerdings als unzureichend, die höheren Ausgaben gingen zu sehr zu Lasten der jüngeren Generationen.

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