SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will als Reaktion auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Doppelbesteuerung sowohl Beitragszahler als auch Rentner steuerlich weitreichend entlasten. Der Bild am Sonntag sagte Scholz: "Erstens möchte ich die Beiträge zur Rentenversicherung nicht erst 2025 steuerlich voll absetzbar machen, sondern vorher. Zweitens will ich die volle Besteuerung der Renten weiter nach hinten schieben - sie soll erst 2060 wirksam werden und nicht, wie bislang vorgesehen, schon 2040". Damit könnten Millionen Rentner und Beitragszahler schon in den kommenden Jahren mit umfassenden Steuererleichterungen rechnen.
Der BFH hatte in einem wegweisenden Urteil Ende Mai die seit 2005 in Deutschland geltende Rentenbesteuerung beanstandet. Insbesondere bei künftigen Rentnergenerationen könne es zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung kommen, rügten die Münchner Richter und forderten die Bundesregierung zu Korrekturen auf.

Entscheidung:Bundesfinanzhof stellt neue Regeln für die Rentenbesteuerung auf
Deutschlands oberste Finanzrichter halten die Art, wie Millionen Ruheständler besteuert werden, für falsch. In etlichen Fällen könnte es künftig zu einer Doppelbesteuerung kommen. Zwei Klagen von Rentnern wiesen die Richter allerdings ab.
Seit 2005 werden Renten schrittweise immer höher besteuert, anfangs zu 50 Prozent, bis 2040 sollten sie dem bisher geltenden Alterseinkünftegesetz zufolge voll besteuert werden. Im Gegenzug werden Beiträge zur Rentenversicherung ebenfalls in Stufen steuerlich in wachsendem Umfang anerkannt - 2005 zunächst nur zu 60 Prozent, bis 2025 sollte das zu 100 Prozent möglich sein.
Scholz möchte nun beides korrigieren, weil der Staat nach Ansicht des BFH systematisch zu Ungunsten der Rentner gerechnet hat. Deshalb will der SPD-Kanzlerkandidat die Absetzbarkeit der Rentenbeiträge vorziehen. Das allein reicht aber nach Einschätzung von Fachleuten nicht aus, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Deshalb will Scholz auch die volle Besteuerung der Renten um 20 Jahre bis 2060 aufschieben. Den Staat dürfte dieser Aufschub Milliarden Euro kosten. Aber selbst wenn Scholz nicht Kanzler wird, müsste nach der Wahl im Herbst wohl auch jede andere Bundesregierung in ähnlicher Weise auf das BFH-Urteil reagieren.
Männer häufiger betroffen
Rund 142 000 Rentner hatten schon vor dem Urteil Einspruch gegen ihre Einkommensteuerbescheide erhoben. Laut BFH könnten Männer häufiger von der Doppelbesteuerung betroffen sein als Frauen, weil ihre statistische Lebenserwartung kürzer ist und sie im Alter damit weniger Rente steuerfrei beziehen können. Außerdem könnten Unverheiratete eher als Verheiratete betroffen sein sowie Selbständige häufiger als Arbeitnehmer. Gegen eine mögliche Doppelbesteuerung kann sich aber nur wehren, wer gerade in Rente geht oder schon im Ruhestand ist. Für den Einspruch beim Finanzamt gilt eine Frist von maximal einem Monat nach Bekanntgabe des jeweiligen Einkommensteuerbescheids.
Scholz gab auch eine Garantie für ein stabiles Rentenniveau von 48 Prozent ab. "Jeder Beitragszahler sollte bei einer CDU/CSU-Regierung darauf gefasst sein, dass das Rentenniveau sinkt", sagte der Finanzminister. "Das wird es mit mir nicht geben. Ich garantiere ein stabiles Rentenniveau von 48 Prozent." Vorbehalte zur Finanzierung in den kommenden Jahrzehnten teile er nicht. "Wenn es in Deutschland viele Jobs mit ordentlichen Löhnen gibt, ist die Rente sicher. Darum geht es."