Rente mit 63:Nahles will Frühverrentungswelle verhindern

Statement Andrea Nahles

Arbeitsministerin Andrea Nahles bessert bei der Rente mit 63 nach.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ihr Entwurf für die Rentenreform schürt Sorgen vor Missbrauch. Nun kommt Arbeitsministerin Nahles ihren Kritikern entgegen: Sie will bei der Rente mit 63 nachbessern und massenhafte Frühverrentungen verhindern.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will bei der geplanten Rente mit 63 eine neue Frühverrentungswelle verhindern. In dem Begleitschreiben der Ministerin zum Kabinettsentwurf ihres Rentenpakets heißt es: "Im parlamentarischen Verfahren ist zu prüfen, ob und wie Frühverrentung durch eine verfassungskonforme Regelung verhindert werden kann." Wie dies genau geschehen soll, ließ die Ministerin zunächst aber offen.

Außerdem ist dem Entwurf zufolge vorgesehen, von 2018 an jährlich zu prüfen, ob die Rente mit 63 für langjährig Versicherte missbraucht wird. Nahles reagierte damit auf die Kritik der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Nach den Plänen der Arbeitsministerin sollen Arbeitnehmer, die 45 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, mit 63 Jahren ohne Abzüge in den Ruhestand gehen können. Bei diesen 45 Beitragsjahren will Nahles auch Zeiten der kurzfristigen Arbeitslosigkeit mitberücksichtigen, in denen Arbeitslosengeld I bezogen wurde. Zeiten, in denen der Versicherte die frühere Arbeitslosenhilfe oder Hartz IV bekam, werden dagegen nicht mitgezählt, so dass Langzeitarbeitslose von der Rente mit 63 nicht profitieren können.

Die BDA warnte jedoch davor, dass dadurch ein "ein ganz weites Tor für neue Frühverrentungsmodelle" geschaffen werde. "Dann wäre es sogar möglich, bereits mit 61 Jahren mit der Arbeit aufzuhören, um dann nach dem Arbeitslosengeldbezug vorzeitig in die abschlagsfreie Rente zu gehen", hieß es bei den Arbeitgeberverbänden. Dies kann für Arbeitnehmer besonders dann attraktiv sein, wenn sie zusätzlich zum Arbeitslosengeld einen Zuschuss vom Arbeitgeber bekommen.

Mitte der neunziger Jahre hatten vor allem große Unternehmen Personal über solche Frühverrentungsprogramme abgebaut. Opfer waren die Sozialkassen. Der Rentenversicherung entgingen Beiträge, die damalige Bundesanstalt für Arbeit musste das Arbeitslosengeld zahlen. Nahles hatte stets betont, dass sie die Frühverrentung nicht fördern wolle. "Das ist nicht die Politik der Bundesregierung", sagte sie in einem SZ-Interview.

Ein weiteres Problem bei der Rente ist die Prüfung, wie lange Bürger arbeitslos waren. Die Rentenversicherung hatte in einer Anhörung darauf aufmerksam gemacht, dass eine vollmaschinelle Prüfung der 45 Jahre nicht möglich sei. "Auf der Grundlage der Daten, die bei den Rentenversicherungsträgern in den Versicherungskonten gespeichert sind, kann zwischen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe nicht differenziert werden", teilte die Behörde mit.

Heikle Prüfung

Aus dem Kabinettsentwurf geht nun hervor, dass die Arbeitsministerin bei dieser Datenlücke auf die Angaben der Versicherten vertrauen will. In dem Entwurf heißt es: "Als Mittel der Glaubhaftmachung können auch Versicherungen an Eides statt zugelassen werden. Der Träger der Rentenversicherung ist für die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen zuständig."

Solche eidesstaatliche Versicherungen sind in der Sozialversicherung auch in anderen Fällen möglich. Die Prüfung der Angaben gilt allerdings als heikel: Wird zu viel und streng geprüft, ist dies für die Rentenversicherung mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Wird zu lax kontrolliert, könnte wiederum der Bundesrechnungshof Einwände erheben.

Die anderen Ministerien hatten den Entwurf des Arbeitsministeriums am Montag gebilligt. Der Verabschiedung am Mittwoch im Kabinett steht damit nichts mehr im Weg. Der Bundestag soll das Gesetz im Mai beschließen, die Änderungen dann vom 1. Juli an gelten. Es gilt als teuerstes Gesetzesvorhaben der gesamten Wahlperiode. Bis Ende 2030 entstehen dafür Mehrausgaben in Höhe von 160 Milliarden Euro. Etwa zwei Drittel der Ausgaben sind für die geplanten Verbesserungen der Mütterrente vorgesehen.

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