Süddeutsche Zeitung

Rente:Geringverdienern droht Altersarmut

  • Geringverdiener haben in Deutschland ein besonders hohes Risiko, im Rentenalter in die Armut zu rutschen, ergibt eine Untersuchung der OECD.
  • Extrem sei zudem auch die Renten-Ungleichheit von Männern und Frauen.

Von Thomas Öchsner

Geringverdiener haben es in Deutschland nicht nur während ihres Arbeitslebens schwer - im Rentenalter sind sie im Vergleich zu Arbeitnehmern in anderen Industriestaaten besonders schlecht abgesichert. Das geht aus einer neuen Studie der Industrieländer-Organisation OECD hervor. Beschäftigte, die beispielsweise nur die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens haben und jetzt ins Arbeitsleben starten, erhalten demnach beim Eintritt in die Rente netto nur etwa 55 Prozent ihres Lohns als staatliche Rente. Der Durchschnitt aller 35 OECD-Staaten liegt dagegen bei 73 Prozent.

In den allermeisten OECD-Ländern werden Renten von Geringverdienern vom Staat aufgestockt, nicht aber in Deutschland. "Die enge Verbindung von Einkommen und Rentenansprüchen sowie das Fehlen von Grund- und Mindestrenten bedeuten, dass Niedrigverdiener und solche mit geringen Beitragszeiten von Altersarmut bedroht sind", heißt es dazu in einer Analyse der OECD-Abteilungsleiterin für Sozialpolitik, Monika Queisser. Das Risiko, im Alter arm zu sein, sei in Deutschland zwar niedriger als im Durchschnitt der 35 Industrienationen, "aber dennoch deutlich höher als in vielen anderen OECD-Ländern".

Noch weniger als in Deutschland erhalten Geringverdiener demnach nur in Mexiko, Polen, Chile, Großbritannien und Japan heraus. Am höchsten sind die Renten für die Niedrigverdiener in Dänemark, gefolgt von den Niederlanden, Israel, der Türkei und Luxemburg.

Die Einführung einer Solidarrente für Geringverdiener, die jahrzehntelang in die Rentenkasse eingezahlt haben und trotzdem eine Rente unterhalb des Existenzminimums bekommen, war sowohl unter der schwarz-gelben wie unter der großen Koalition gescheitert. Das Projekt gehört nun zu den "essenziellen" Forderungen für die Rückkehr in eine große Koalition, die der SPD-Vorstand am Montag beschlossen hatte.

Frauen bekommen im Schnitt nicht mal halb so viel Rente wie Männer

Auffällig ist laut der Studie auch die große Rentenlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland, die in keinem OECD-Land so groß ist. Frauen kommen demnach nicht einmal auf die Hälfte der Renten der Männer. Dies könnte in Zukunft aber besser werden. Denn im Vergleich aller OECD-Länder sind in Deutschland die Beschäftigungsquoten von Frauen seit der Jahrhundertwerde am stärksten gewachsen.

Die Organisation rechnet damit, dass das Rentenalter in etwa der Hälfte der OECD-Länder weiter steigen wird. In Dänemark, Finnland, Italien, den Niederlanden, Portugal und in der Slowakei wird das Rentenalter demnach bereits an die Lebenserwartung angepasst. Dies fordern der frühere Bundesfinanzminister, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), der Wirtschaftsrat der Union und die Bundesbank auch für Deutschland.

In Dänemark, Italien und den Niederlanden liegt die Regelaltersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bereits bei 68 Jahren. In Deutschland wird derzeit die Rente mit 67 schrittweise bis zum Jahr 2031 eingeführt. Derzeit liegt die Regelaltersgrenze bei 65 Jahren und sechs Monaten. In Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Slowenien und der Türkei können Versicherte noch regulär mit unter 65 Jahren in Rente gehen, sofern sie vollständig Beiträge bezahlt und früh mit dem Arbeiten angefangen haben.

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