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Studie:Viele junge Menschen haben Angst vor dem Nichts

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Die Millennials wissen, dass das Geld im Alter knapp werden könnte - und sind sogar bereit, länger zu arbeiten. Von der Politik fühlen sich viele von ihnen im Stich gelassen.

Von Benjamin Emonts, München

"Wenn wir mal alt sind, bekommen wir sowieso keine Rente mehr." Als junger Mensch hört man diesen Satz nahezu jeden Tag im Bekanntenkreis. Es schwingt daraus eine Mischung aus Wut, Zukunftssorgen und Hilflosigkeit, manchmal auch einer Spur Fatalismus. Eine neue Studie des Marktforschungsinstituts GfK im Auftrag des Versicherers Generali belegt diese Haltung nun auch in Zahlen. Laut einer repräsentativen Umfrage unter mehr als tausend 18- bis 32-Jährigen sind knapp drei Viertel der Befragten besorgt, weil das Rentenniveau sinkt. Die jungen Menschen sehen die zunehmende Altersarmut demnach als drittgrößtes Problem ihrer Generation - hinter dem Klimawandel und Pandemien.

Im vergangenen Jahrzehnt konnten sich die Arbeitnehmer und Rentner noch auf beständig steigende Bruttolöhne und Renten verlassen - erst die Folgen der Corona-Pandemie haben diese Entwicklung 2020 gebremst, wie aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Aber nicht nur deshalb sind die Sorgen der jungen Menschen vor Altersarmut berechtigt, auch wenn sie manchmal zu schwarzmalerisch wirken. Derzeit liegt das Rentenniveau, das die Höhe der Standardrente im Verhältnis zum Durchschnittslohn misst, noch bei gut 48 Prozent. Bis 2034 jedoch, so die Bundesregierung, könnte es auf 46 Prozent sinken. Ein Grund dafür ist der Eintritt der Babyboomer-Generation ins Rentenalter. Auch durch ihn dürften die Renten von 2025 an eher weniger stark steigen als die Löhne. Unterm Strich werden die kommenden Generationen folglich weniger Geld bekommen, um das Leben im Alter zu bestreiten.

Die Wut der jungen Menschen richtet sich besonders gegen die Politik. Mehr als 70 Prozent der Befragten finden, dass die politischen Parteien ihrer Generation beim Thema Rente nicht ausreichend Beachtung schenken. Viele von ihnen fühlen sich der Studie zufolge "nicht gut oder sogar überhaupt nicht" zum Thema Altersvorsorge informiert; besonders beklagen dies Frauen (87 Prozent). Im Superwahljahr 2021, in dem noch vier Landtagswahlen und eine Bundestagswahl ausstehen, könnte sich dies auch auf den Ausgang der Abstimmungen auswirken. So geben rund zwei Drittel der 18- bis 32-Jährigen an, dass die Rentenpolitik ihre Entscheidung bei der kommenden Bundestagswahl beeinflussen wird. "Die Millennials", heißt es in der Studie, "sind sich absolut darüber bewusst, dass ihre Generation die nächsten Jahrzehnte die Rente schultern muss - und das sowohl für die heutigen als auch für die kommenden Rentenjahrgänge".

Viele sind sogar bereit, länger zu arbeiten

Ein Großteil erwartet sich von der Politik konkrete Alternativen, die über die gesetzliche Rente hinausreichen, doch als Ausweg zur Altersarmut werden auch eigene Schritte in Betracht gezogen. Laut der GfK-Umfrage wären 44 Prozent der Befragten für eine verlässliche gesetzliche Rente beispielsweise bereit, auch länger als bis zu ihrem 67. Lebensjahr zu arbeiten. Mehr als ein Viertel der Befragten würde, um einer möglichen Altersarmut zu entgehen, sogar in ein anderes Land mit günstigeren Lebenshaltungskosten ziehen. Allein diese Tatsache lässt tief blicken in die Psyche der jungen Menschen. Bei allem Fatalismus: Die Frage, ob sie im Alter genug Geld zum Leben haben, macht ihnen offenbar Angst.

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