Rennsport umgeht staatliche Abgaben:Steuersparmodell Formel 1

Formula One Grand Prix of India 2012

Wie viel Steuern zahlt die Formel 1?

(Foto: dpa)

Schöne Profite, kaum Steuern: Das Rennsportimperium von Bernie Ecclestone agiert offenbar genauso trickreich wie viele andere Konzerne und nutzt "Gestaltungsmöglichkeiten" im Steuerrecht. Firmensitze im Ärmelkanal und interne Geldgeschäfte sollen lächerlich niedrige Abgabensätze zur Folge haben.

Von Klaus Ott

Wenn das Führungsgremium der Formel 1 tagt, ist die Anreise meist etwas umständlich. Die Manager der lukrativen Rennserie mit Bernie Ecclestone an der Spitze treffen sich alle paar Monate auf der Insel Jersey im Ärmelkanal. Ecclestone und seine Kollegen reisen aber nicht des milden Klimas wegen nach Jersey. Dort sind diverse Firmen aus der Formel 1 ansässig. Das Eiland ist auch wegen seiner niedrigen Steuersätze beliebt. Das macht sich, neben vielen anderen, die Formel 1 zunutze.

Die Firmensitze auf Jersey sind Teil eines Konstruktes, das nach Informationen der Süddeutschen Zeitung und des englischen Blattes Independent dazu dient, in großem Stil Steuern zu vermeiden. Wie gut das offenbar klappt, ist einem der SZ vorliegenden Investorenreport zu entnehmen, mit dem eine asiatische Großbank im vergangenen Jahr um Kapitalanleger warb.

Wer will das nicht?

Das Geldinstitut wollte an dem damals geplanten, dann abgesagten (und jetzt wieder vorgesehenen) Börsengang der Formel 1 mitverdienen. In dem Prospekt wurden schöne Profite aufgelistet, bei minimalen Steuerzahlungen. Der Gewinn der weltweiten Rennserie soll 2010 bei 340 Millionen Dollar gelegen haben und bis 2014 auf fast 500 Millionen Dollar steigen. Abzüglich Steuern von durchschnittlich gerade mal zehn bis elf Millionen Dollar im Jahr. Wer wollte da nicht Teilhaber dieses Konzerns sein?

Nach Angaben des Independent soll die Formel 1 mit ihrer Steuervermeidungs-strategie noch viel erfolgreicher sein. Das britische Blatt beruft sich auf einen früheren Börsenprospekt mit Zahlen für 2011. Damals habe das Rennsport-Imperium bei Einnahmen von 1,5 Milliarden Dollar und einem Gewinn von 470 Millionen Dollar in Großbritannien gerade mal 1,5 Millionen Dollar Steuern gezahlt. In dem Prospekt seien gleichbleibende Steuern für die kommenden Jahre prognostiziert worden.

Eine Anfrage dazu bei der Pressestelle des Rennsportimperiums bleibt unbeantwortet. Der Hauptaktionär, die Investmentgesellschaft CVC, meldet sich wenigstens, sagt aber nichts dazu. Ebenso wie der Autokonzern Daimler, dessen Mercedes-Team in der Formel 1 mitfährt. Das von Ecclestone geschaffene Rennsport-Imperium mit seinen zahlreichen Ober-, Neben- und Untergesellschaften macht das, was andere Konzerne wie Amazon und Apple oder Starbucks auch tun: Lücken und, wie findige Rechtsanwälte das formulieren, "Gestaltungsmöglichkeiten" im Steuerrecht nutzen. Üblich sind zum Beispiel hohe Kreditvergaben innerhalb eines Konzerns.

Zufällig in der Karibik

Durch die Zinslasten kann dann eine Tochtergesellschaft, die in einem Staat mit hohen Steuersätzen wirtschaftet und dort schöne Gewinne erzielt, ihren Profit und somit auch ihre Abgaben drastisch reduzieren. Eine andere Gesellschaft, die das viele Geld intern verleiht und dank der Zinseinkünfte hohe Überschüsse hat, sitzt zufällig in der Karibik oder einem anderen sogenannten Steuerparadies mit lächerlich niedrigen Steuersätzen. Alles ganz legal.

Dass auch die Formel 1 diese Methode praktiziert, legt eine Bilanz der Konzerngesellschaft Alpha Prema aus dem Jahr 2006 nahe. Damals hatte CVC die Formel 1 übernommen, vieles wurde neu strukturiert, und offenbar wurde auch die Steuerpolitik noch einmal optimiert. In dieser Bilanz wurden konzerninterne Kredite von Muttergesellschaften in Höhe von 2,1 Milliarden Dollar angegeben. Die Zinslast wurde mit 92 Millionen Dollar beziffert. Und ausgehend von einem Verlust in gleicher Höhe und einem Abgabensatz in Großbritannien in Höhe von 30 Prozent soll der Steuereffekt 27,5 Millionen Dollar betragen haben. Aber nicht etwa als Zahlung an den Staat. Sondern als Steuergutschrift.

Diese sieben Jahre alte Bilanz von Alpha Prema ist kürzlich durch ein aktuelles Gerichtsverfahren in New York nach außen gelangt; als eines von ganz wenigen Dokumenten aus dem Inneren der Formel 1. Ecclestones Imperium veröffentlicht außer den Ergebnissen der Rennen so gut wie keine Zahlen, erst recht keine Bilanzen. Das macht das Firmengeflecht undurchsichtig.

Doch 100 Millionen an Steuern gezahlt?

Ecclestone und Transparenz, das ist ein Widerspruch in sich. Aus einem der Konzerne, deren Teams in der Formel 1 dabei sind, heißt es sehr aufschlussreich über die Steuerpolitik des Imperiums: "Da wird sich niemand darum reißen, das zu diskutieren." Es nimmt ja auch niemand Stellung zu Anfragen der Presse. Einzig und allein ein PR-Agent aus dem Umfeld der Formel 1 lässt sich auf ein Gespräch ein.

Er beteuert, die Renngesellschaften hätten 2012 in Großbritannien mehr als 100 Millionen Dollar an Steuern gezahlt. Auch hätten die Firmensitze auf Jersey "keinerlei Einfluss auf die Steuerlast". Jersey habe man sich ausgesucht, weil dort vorher schon andere, für die Formel 1 wichtige Unternehmen ansässig gewesen seien. Nachprüfbar ist das nicht. Selbst wenn die 100 Millionen Dollar gezahlt worden wären: Was stünde dem dann an Steuergutschriften entgegen wie 2006 bei Alpha Prema? In deren Bilanz hieß es, auch künftig könnten im Konzern Gewinne mit Verlusten verrechnet werden.

Dass Ecclestone, der sich auch privat gerne Steuern erspart, diese Gestaltung aufgegeben hätte, davon ist nicht auszugehen.

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