Renditen:Konkurrenz für das Sparbuch

Aktien sind für viele ein Tabu, gerade wenn es um den Nachwuchs geht. Ein Fehler. Denn die altbewährten Anlageformen halten nicht mehr, was sie einst versprachen.

Von Marcel Grzanna

Früher sammelten Kinder ihr Taschengeld im Sparschwein. Sie brachten es am Weltspartag zur Bank, und für die Eröffnung des ersten Kontos oder Sparbuchs gab es sogar noch kleine Geschenke. Das schien für alle die beste Lösung zu sein. Die Eltern geleiteten ihre Sprösslinge verantwortungsvoll in Richtung Zukunft, weil die Kinder ihre eigene finanzielle Basis schufen. Die Sparkassen und Banken zählten sowieso zu den Gewinnern, weil treue Kundschaft meistens mit dem ersten Konto seine Wurzeln schlug.

Die Zeiten sind längst vorbei. Nicht nur, dass Onlinebanken den Wettbewerb verstärkt haben und günstige Angebotspakete für junge Leute schnüren, durch die Niedrigzinsphase werden sichere Geldanlagen immer unattraktiver. Wo es früher Zinsen hagelte, muss der Anleger heute zum Teil schon dafür bezahlen, dass er sein Kapital einem Geldhaus anvertraut. Hohe Kontoführungsgebühren, manchmal versteckt, verärgern die Kunden zudem.

Dennoch bewahrt besonders in Deutschland eines seinen trotzigen Bestand: der Wunsch nach einem Gefühl der finanziellen Sicherheit und das Bedürfnis, den eigenen Kindern einen "guten Start" in die Unabhängigkeit zu gewähren. Doch was tun, wenn die altvertrauten Mittel nicht mehr das halten können, was sie einst versprachen? Wobei der Begriff des Sparbuchs nur ein Synonym ist für jede Form der Geldanlage, die keine bis ganz wenig Zinsen abwirft.

Es gibt genügend Alternativen, die in den vergangenen Jahren nachweislich höhere Renditen erzielt haben. Aktienfonds oder Mischfonds beispielsweise. Doch das Image des Fonds ist, berechtigt oder nicht, angeschlagen. Für viele Deutsche sind Aktienprodukte weiterhin ein rotes Tuch, weil sie vermeintlich unkalkulierbar erscheinen für den Laien. Diese gefühlte Unsicherheit an die Zukunft der eigenen Kinder zu knüpfen, ist für die meisten Menschen ein absolutes Tabu. "Die Leute brauchen Sicherheit. Sie würden sich nie verzeihen, wenn das Geld, das sie für die Kinder anlegen, durch Kurseinbrüche an der Börse verloren ginge", sagt der Finanzmakler Jens Schumacher aus München.

"Sie würden sich nie verzeihen, wenn das Geld für die Kinder an der Börse verloren ginge." - Jens Schumacher

Ein Dilemma. Denn Kurseinbrüche an der Börse gehören dazu wie die Krawatte zum Bankmitarbeiter am Kassenschalter. Viele Anleger verlieren aber die Ruhe, wenn der Fonds plötzlich weniger wert ist als das Kapital, das man eingezahlt hat. Stichwort: Schadensbegrenzung. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass dieser Tag einmal kommen wird. Doch die Statistiken zeigen, dass nach einer Dauer von zehn, 15 oder besser noch 20 Jahren der Wertzuwachs des Fonds den Wertzuwachs eines klassischen Sparbuchs stets aussticht. Die Frage ist also immer, ob der Anleger ausreichend Geduld und Nerven mitbringt, um dem Impuls zu widerstehen, seine Fondsanteile frühzeitig zu verkaufen.

Finanzmakler Schumacher sieht es pragmatisch: "Wenn man für einen Fünfjährigen einen Fonds für die nächsten 15 Jahre mit einem kleinen monatlichen Betrag anlegt, dann sind die Renditen zwar höher als bei einem Sparbuch. Doch die Frage ist dann, ob Vater und Mutter 15 Jahre in Angst leben müssen, um ein paar Hundert Euro mehr zu haben. Dann empfehle ich den Leute lieber, bei einem konservativen Sparvertrag zu bleiben. Dafür haben sie dann ihre Ruhe."

Die Niedrigzinsphase dauert nun bereits mehr als ein Jahrzehnt an, und ihr Ende ist noch längst nicht in Sicht. Ein Comeback des Sparbuchs als Startkapital in die Unabhängigkeit scheint unter diesen Bedingungen wenig vernünftig zu sein. Doch selbst wenn die Zinsen eines Tages wieder steigen sollten und das Sparbuch wieder attraktiver würde, blieben Aktienfonds statistisch gesehen im Vorteil. Wer sich nur langsam an Aktien herantraut, hat zumindest die Chance, sich über einen Mischfonds anzunähern. Schumacher sieht das als mögliche Alternative: "In solch einem Fonds stecken dann wahlweise gerade einmal zehn Prozent Aktien drin. Das ist für viele Eltern, die sich um die Zukunft der Kinder sorgen, ein akzeptabler Kompromiss."

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