Süddeutsche Zeitung

Rekordflut:Deutschlands teuerste Naturkatastrophe

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Die Hochwasserflut im Juni dieses Jahres gehört nach Ansicht des Rückversicherers Munich Re wohl zu den teuersten Naturkatastrophen, die Deutschland je getroffen haben.

Von Herbert Fromme und Patrick Hagen

"Die endgültige Schadenhöhe steht noch nicht fest, aber es ist gut möglich, dass es die teuerste Naturkatastrophe in der deutschen Geschichte wird", sagte Peter Höppe, Meteorologe und Leiter der Georisikoforschung der Munich Re, der SZ. Der weltweit größte Rückversicherer hat Bundes- und Landesregierungen nun dazu aufgefordert, die Neubebauung stark hochwassergefährdeter Gebiete zu unterbinden und womöglich zerstörte Gebäude nicht wieder aufzubauen.

"Bei Flutschäden kann viel mit Prävention erreicht werden", sagte Höppe. In stark hochwassergefährdeten Gebieten dürfe grundsätzlich nicht gebaut werden. "Durch die Flut dort zerstörte Häuser sollten eigentlich nicht wieder aufgebaut werden", forderte Höppe. "Allerdings ist das natürlich nicht sehr realistisch."

Munich Re hat noch keine Zahl für die eigene Belastung durch die Flut genannt, sie soll am 6. August veröffentlicht werden. Rivale Swiss Re teilte am Montag mit, dass er wohl für Schäden in Höhe von 233 Millionen Euro aufkommen muss.

Bislang gilt das Elbhochwasser von 2002 als schwerster Schaden in Deutschland. Damals wurde die Volkswirtschaft mit 11,6 Milliarden Euro belastet, davon 1,8 Milliarden Euro versichert, so Munich Re. Für alle betroffenen Länder in Europa zusammen rechnet Munich Re für 2013 mit mehr als zwölf Milliarden Euro ökonomischen Flutschäden, davon drei Milliarden Euro versichert. Swiss Re nennt eine Bandbreite von 2,7 bis 3,5 Milliarden Euro.

Für Versicherer und Rückversicherer sind solche Schäden allerdings nicht bedrohlich. Mit Naturkatastrophen kommt die Branche gut zurecht: Die Deckungshöhen sind begrenzt, die Gesellschaften haben Rückversicherungsschutz, und sie können nach schweren Ereignissen in der Regel die Preise erhöhen. Langfristige Haftpflichtrisiken etwa in der Arzt- oder Produkthaftung sowie Kapitalmarktturbulenzen können einen Versicherer ruinieren, Naturkatastrophen eher nicht.

Dazu kommt, dass Flutschäden in Deutschland vergleichsweise wenig versichert sind. "Bei Sturmrisiken sind mehr als die Hälfte der Schäden abgedeckt, bei Flut nur rund ein Viertel", sagte Höppe. Das liegt daran, dass Sturmschäden in Gebäudepolicen automatisch enthalten sind, Hausbesitzer aber gegen Flutschäden nur abgesichert sind, wenn sie zusätzlich eine Elementarschadenversicherung haben.

Eine Pflichtversicherung lehnt die Branche ab

Nur 32 Prozent der Gebäude sind so geschützt. Eine Pflichtversicherung, wie sie in Nachbarländern besteht, lehnt die Branche ab. Stattdessen sollten die Landesregierungen für die private Absicherung werben. "In Bayern und Sachsen hat sich die Zahl der Versicherungen durch Kampagnen der Landesregierung deutlich erhöht", sagte er. Das sei besser, als nach jeder Flut wieder Hilfsprogramme für Milliarden auflegen zu müssen. Dann sollte sich der Staat auch an diese Vorgaben halten. "Dies bedeutet, dass nur noch jene Hilfe erhielten, die keine Versicherung bekommen konnten", sagte Höppe.

Die Flutgefahr wächst. "Seit 1980 hat sich die Zahl der Hochwasserereignisse verdoppelt", so Höppe. "Neuere Studien legen nahe, dass der Klimawandel hierbei eine Rolle spielt." Das Hochwasser im Juni sei durch eine sogenannte Trog-Wetterlage ausgelöst worden, bei der feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum und aus Südosteuropa über Osteuropa nordwärts geführt wurde. "Es deutet vieles darauf hin, dass das Abschmelzen des arktischen Meereises diese Wetterlagen begünstigt."

Trotz des Hochwassers waren die weltweiten Schäden durch Naturkatastrophen im ersten Halbjahr eher niedrig, so Munich Re. Stürme, Fluten, Erdbeben und andere Katastrophen verursachten Schäden von 35 Milliarden Euro - im Vergleichszeitraum 2012 waren es 45 Milliarden Euro, der Zehnjahresschnitt für die ersten Halbjahre liegt bei 66 Milliarden Euro. 2013 waren zehn Milliarden Euro versichert, im zehnjährigen Schnitt 17 Milliarden Euro.

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Quelle:
SZ vom 09.07.2013
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