Reiseversicherung:Ein schwerer Sommer für Reisende und ihre Versicherer

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So sieht das aus, wenn bei der Lufthansa gestreikt wird - ein Bild aus der vergangenen Woche. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Neben dem Flughafenchaos mehren sich in den Ferien die Covid-Fälle, und viele Reisende sagen ihren Urlaub ab. Auch die Reiseversicherer spüren deshalb die Krise.

Von Felix Stippler, Köln

Urlauber stehen in Warteschlangen, die manchmal mehrere Hundert Meter lang sind. Gepäckstücke kommen nie an ihrem Ziel an: An manchen Flughäfen sind die chaotischen Zustände eher die Regel als die Ausnahme. Das spüren auch die Reiseversicherer. Denn zum Flughafenchaos kommen die steigenden Corona-Zahlen.

Allianz Travel und die Ergo-Reiseversicherung berichten von steigenden Schäden insbesondere in der Reiserücktritt-, Reisekranken- und Reisegepäckversicherung. Annullierte oder stark verspätete Flüge sind in der EU erst einmal kein Versicherungsschaden. Denn Passagiere können sich entschädigen lassen, den Ticketpreis zurückverlangen oder einen anderen Flug buchen. Dafür haften aber die Fluggesellschaften und nicht die Versicherer.

Sehr wohl greift aber zum Beispiel die Reiserücktrittsversicherung der Allianz, wenn der Fluggast vor Reiseantritt in Quarantäne muss. "Bedingt durch Covid-19 und indirekte Folgen sehen wir sowohl einen Anstieg im Absatz von Reiseversicherungen als auch im Schadenbereich", sagt eine Sprecherin. Die Ergo-Reiseversicherung berichtet ebenfalls von mehr Schäden. "Wir verzeichnen in diesem Jahr leider einen sehr deutlichen Anstieg von Schadensmeldungen aufgrund von Corona", sagt ein Sprecher. Viele Kunden stornieren ihre Reisen kurzfristig, weil sie sich mit Covid-19 infiziert haben. Darum hat die Ergo den Preis des Ergänzungsschutzes Covid-19 angehoben.

Die Allianz Travel hat ihre Prämien bislang noch nicht erhöht, schließt einen solchen Schritt aber nicht aus. "Sollten wir nachhaltige Veränderungen in der Schaden- und Risikosituation feststellen, werden wir unsere Produkte entsprechend anpassen." Selbst wenn Reisende nach stundenlangem Warten an ihrem Urlaubsziel ankommen, stehen sie oft ohne Gepäck da. Auch in diesem Bereich steigen die Schäden bei der Allianz Travel. Wenngleich mehr Kunden in dieser Sparte auch mehr Umsatz bedeuten, muss der Versicherer mit deutlich höheren Fallzahlen fertigwerden. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich in der Reisekrankenversicherung der Ergo ab. Zu konkreten Schadenzahlen wollen sich beide Versicherer aber nicht äußern.

Wer eine Reise nur aus Vorsicht nicht antreten möchte, bekommt dafür meist kein Geld zurück

Reisende sollten sich nicht nur wegen Flughafenchaos und Corona-Wellen absichern, raten Verbraucherschützer. Eine Reiserücktrittsversicherung, eine Police zum Reiseabbruch und eine Reisekrankenversicherung seien zu empfehlen, sagt Madlen Müller, Versicherungsspezialistin der Verbraucherzentrale Sachsen. Gegen einen möglichen Rücktritt oder Abbruch eines Urlaubs sollten sich Kunden so früh wie möglich absichern. Das gelte insbesondere bei teuren Reisen.

Eine Reisekrankenversicherung sollten sich Verbraucher auf alle Fälle zulegen. Sie deckt Leistungen ab, die Krankenkassen und private Krankenversicherer in den regulären Tarifen im Ausland nicht übernehmen. Das gilt insbesondere für Reisen außerhalb der EU. Bei Covid-19 sind die Angebote bei den Reiserücktrittspolicen sehr verschieden. Oft greift der Schutz nur, wenn die Verbraucherin oder der Verbraucher selbst erkrankt ist und deshalb die Reise nicht antreten kann.

Sollen sie oder er sich nur absondern, weil sie Kontakt zu Infizierten hatten, ist das meistens nicht versichert. Das Gleiche gilt, wenn Urlaubsziele zu Hochrisikogebieten erklärt werden. "Angst vor einer möglichen Infektion ist nicht versicherbar", betont Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Trotzdem rät er in der aktuellen Situation dazu, sich abzusichern. Seine Kollegin Müller empfiehlt, Gepäckversicherungen genau zu checken. Denn oft sind Wertgegenstände wie zum Beispiel Laptops ausgenommen.

Von Rundumpaketen raten Müller und Wortberg ab. Darin verstecken Versicherer oft Leistungen, die eigentlich überflüssig sind. "Meistens beinhalten diese noch andere Policen, die der Verbraucher gar nicht braucht, für die er aber kräftig zahlen muss", sagt Wortberg. Kollegin Müller sieht das ähnlich. "Es ist besser, sich für passende Einzellösungen zu entscheiden, die individuell zum Anspruch der Verbraucher passen."

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