Eine schöne Umarmung kann nicht lang genug sein. Und schon gleich dreimal nicht, wenn die oder der Liebste einen gleich für mehrere Wochen verlässt. Diesen Moment vor der anstehenden Einsamkeit will man dann am liebsten auf ewig hinauszögern und den geliebten Menschen insgeheim so lange im Arm behalten, bis er das verdammte Flugzeug verpasst. Je länger die Umarmung, desto größer die Chance.
Der Flughafen in Dunedin in Neuseeland jedoch will einem CNN-Bericht zufolge den innigen Umarmungen und Klammergriffen seiner Fluggäste nun ein Ende setzen, zumindest in den Drop-off-Zonen, wo man Angehörige absetzen kann, ohne das Auto länger abzustellen. Ein blaues Hinweisschild am Flughafen trägt die Aufschrift: „Max hug time 3 minutes. For fonder farewells please use the car park.“ Frei ins Deutsche übersetzt: „Die maximale Umarmungszeit beträgt drei Minuten. Für herzliche Abschiede bitte das Parkhaus benutzen.“ Mit dieser Maßnahme wolle der Flughafen den großen Andrang im Abflugbereich etwas entzerren. Flughafenchef Daniel De Bono zitierte beim neuseeländischen Radiosender RNZ dazu eine Studie, wonach eine 20-sekündige Umarmung bereits ausreiche, um das Liebeshormon Oxytocin auszuschütten. Je kürzer die Umarmung, desto mehr Menschen hätten die Chance darauf. Flughäfen seien eine „Brutstätte der Emotionen“, sagte De Bono.
„Das ist unmenschlich“, sagt eine Userin
Im Internet hat das sofort eine Debatte ausgelöst. Eine Userin auf Facebook schreibt: „Man kann Umarmungen doch nicht zeitlich begrenzen. Das ist unmenschlich!“ Der Kommentar hat fast 800 Likes. Obwohl sich alle einig sind, dass Neuseeland grundsätzlich eine Reise wert und durchaus sehr menschenfreundlich sei, fehlt vielen das Gespür für Romantik: „Deshalb sind die Menschen so versnobt. Keine Gefühle! Wir geben Umarmungen für immer und länger. Ich bin Türke, ich kann einen Kuss eine Stunde unter dem Regen geben“, schreibt ein Mann. Auch ihm stimmen viele zu.
Aber sind die Umarmungen tatsächlich ein Problem an Flughäfen? Sorgen sie für Gedränge und verpasste Flüge? Oder sind sie ein speziell neuseeländisches Dilemma, weil sich die Menschen wegen der Abgelegenheit des Landes auf besonders lange Reisen begeben und daher erhöhten Kuschelbedarf haben? Von anderen Flughäfen kennt man ähnliche Hinweise schon von Ankunfts- und Abholbereichen im Außenbereich. In Deutschland gibt es sogenannte „Kiss and Fly“-Areale, Haltezonen für das Auto, die ziemlich schnell hohe Gebühren kosten, wenn man es mit dem Küssen übertreibt. Am Flughafen in Aalborg, Dänemark, heißt es dazu auch: „Kiss and goodbye. No kisses above 3 minutes.“ Keine Küsse länger als drei Minuten.
Allen Passagieren, die in Dunedin länger kuscheln wollen, bleibt also nur noch das Parkhaus. Da dürfe man sich 15 Minuten umsonst aufhalten, sagt der Flughafenchef. Sein Personal habe dort schon eine Menge zu sehen bekommen, was auch immer das heißen mag.