Günstig Reisen:Billig Fliegen aus Versehen

Lufthansa Pilots To Strike At Munich Airport

Welcher Passagier wie viel für seinen Flug bezahlt hat, variiert stark. Manche profitieren von Fehlern.

(Foto: A.Hassenstein/Getty)
  • Immer wieder machen Fluggesellschaften und Reiseanbieter Fehler und einzelne Flüge oder Reisen werden online extrem günstig angeboten.
  • Wer diese sogenannten "Error Fares" bucht, hat die Chance auf ein Schnäppchen. Allerdings können die Unternehmen die Buchung noch anfechten.

Von Felicitas Wilke

Als Tamara Meißner an einem Sonntagmorgen das Angebot sah, blieb ihr fast das Frühstücksbrötchen im Hals stecken. "Wenn ich das nicht mache, bin ich bescheuert", habe sie gedacht, sagt die 26-jährige Münchnerin, die in Wirklichkeit anders heißt. Einmal Neuseeland hin und zurück, zur besten Reisezeit im Februar - und das für unter 500 Euro. Normalerweise kostet derselbe Flug das Doppelte oder mehr. Doch manchmal verrechnen oder vertippen sich Fluggesellschaften, Reiseveranstalter oder Onlineportale. Und Reisende können davon profitieren.

Wenn Online-Anbieter Flüge nach Japan und zurück für knapp 250 Euro oder eine komplette Indien-Reise für 163 Euro anbieten, steckt dahinter oft kein Sonderangebot, sondern schlicht ein Preisfehler. Gerade bei Fluggesellschaften passieren solche Missgeschicke immer wieder, in der Branche werden sie "Error Fares" genannt. Mal denkt dann ein Mitarbeiter nicht daran, die Kosten für das Kerosin mit in den Preis einzuberechnen, mal wird irgendwo eine Null vergessen. Komplikationen können auch entstehen, wenn zwei Fluggesellschaften auf einer Route zusammenarbeiten, dabei aber mit zwei verschiedenen Buchungssystemen arbeiten.

"Menschen passieren nun mal Fehler"

Obwohl die Webseiten der Anbieter automatisiert erscheinen, bestimmen Menschen über die Preise. Und Menschen passieren nun mal Fehler, sagt Torsten Richter vom Internetblog Urlaubspiraten.de. Seine Kollegen durchforsten jeden Tag die Seiten der Fluggesellschaften und Reiseportale nach günstigen Angeboten und veröffentlichen sie auf ihrer Webseite und über Facebook.

Zwei- bis dreimal im Monat seien tatsächlich buchbare Preisfehler dabei, sagt Richter. Das heißt, dass es sich dabei nicht nur um einen einfachen Anzeigefehler handelt, sondern sich der Fehler wirklich im Buchungssystem befindet und die Nutzer das Angebot damit zu den günstigen Konditionen bekommen können.

Wer profitieren will, muss schnell und flexibel sein

Als Meißner ihren Flug nach Neuseeland buchen wollte, war das Angebot auf der Website der Fluggesellschaft schon nicht mehr zu dem Spottpreis verfügbar. Auf einem Reiseportal, das Flüge derselben Airline anbietet, wurde sie aber noch fündig - und buchte die Reise. Offenbar hatte noch niemand das Reiseportal kontaktiert und auf den zu niedrigen Preis aufmerksam gemacht.

Das sei "der Kardinalfehler aller Schnäppchensucher", sagt Daniel Marx vom Portal Urlaubsguru.de, das sich ebenfalls auf günstige Reisen spezialisiert hat. Sobald sich ein Nutzer rückversichern will, dass der Preis tatsächlich stimmt, und deshalb den Anbieter kontaktiert, verschwinde das Angebot meist ganz schnell vom Bildschirm. Wer von Preisfehlern profitieren will, muss deshalb schnell und oft zeitlich flexibel sein. Denn die Angebote gelten meist nur für bestimmte Zeiträume.

Die Fluglinien können eine Buchung noch nachträglich anfechten

Doch auch wenn alles geklappt hat und die Buchungsbestätigung im Mail-Postfach liegt, sollten sich Verbraucher noch nicht sicher in der Ferne wähnen. Denn die Unternehmen können auch eine bereits abgegebene Willenserklärung wie die Buchung nachträglich noch wegen eines Irrtums anfechten.

Es komme vor, dass der Veranstalter die Reise erst bestätigt, sich aber nach einigen Tagen mit schlechten Neuigkeiten meldet, sagt Celina Werbinsky, Fachanwältin für Transport- und Speditionsrecht aus Unna. "Meist ist in den Mails der Anbieter dann nicht die Rede von einem Preisfehler, sondern es wird etwas schwammig von Problemen bei der Buchung oder der Reservierung gesprochen", sagt Werbinsky. In den Mails biete der Veranstalter dann häufig an, die Reise kostenlos zu stornieren - und mache dem Kunden gleich ein neues Angebot, das aber meist viel teurer als die gebuchte Reise ist.

Solche "Angebote" sollten die Verbraucher aber nicht annehmen, rät die Fachanwältin. Vielmehr lohne es sich, juristischen Rat einzuholen, beispielsweise bei einer Verbraucherzentrale oder beim Rechtsanwalt. Die könnten häufig erfolgreich gegen die Veranstalter vorgehen, sagt Werbinsky - und die Kunden ihre Reise dann doch zum günstigeren Preis antreten.

Denn um den geschlossenen Vertrag wegen Irrtums anzufechten, müssten die Reiseveranstalter einen Irrtum darlegen, also beweisen, dass einem Menschen oder einer Maschine ein Fehler unterlaufen ist. Das sei aber oft schwierig, sagt die Juristin. Daher zeigten sich auch einige Fluggesellschaften kulant, beobachtet Daniel Marx von Urlaubsguru.de. "Solche Schnäppchen bringen ja auch neue Kunden in den Flieger", sagt er.

Nach zwei Wochen stehen die Chancen gut

Die Fluggesellschaften halten sich bedeckt, was Preisfehler angeht, und verweisen an den Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Dort heißt es, solche Missgeschicke passierten "sehr selten". Wenn doch, dann betrachteten die Airlines den jeweiligen Einzelfall. Wenn der Preis deutlich und damit erkennbar zu niedrig gewesen sei, denke man darüber nach, den Vertrag anzufechten, so der BDL.

Tamara Meißner hat ihre Reise ans andere Ende der Welt vor drei Wochen gebucht. Die Chancen stehen gut, dass nichts mehr schiefgeht. Denn wenn ein Unternehmen die Reise noch anfechten will, muss es das "unverzüglich" tun. Und spätestens nach zwei Wochen kann davon keine Rede mehr sein, sagt Werbinsky.

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