Reisebranche vor neuer Fusion:TUI greift nach First Choice

Der TUI-Konzern will sein Reisegeschäft mit der britischen First Choice fusionieren. Die neue Gesellschaft, an der TUI die Mehrheit halten will, soll zum Börsenwert in London werden. Akzeptiert das Kartellamt den Deal, könnte der Branchenführer den eng gewordenen Abstand zu Thomas Cook vergrößern.

Meite Thiede

Zwei Tage früher als geplant haben sich die TUI-Aufsichtsräte am späten Sonntagnachmittag in Berlin zu ihrer ordentlichen Sitzung getroffen. Das Hauptthema des regulären Treffens war zwar der Jahresabschluss 2006, den TUI am kommenden Mittwoch präsentieren wird.

Grund für das Vorziehen des Termins war aber nach Informationen der SZ, dass die Aufseher die jüngsten Zukaufspläne von Konzernchef Michael Frenzel in Großbritannien billigen sollten.

TUI wollte am Sonntag bis Redaktionsschluss weder bestätigen noch dementieren, dass die Reisesparte mit First Choice fusioniert werden soll. Der Zukauf würde beiden Beteiligten aus der Klemme helfen, in die sie nach dem erst vor wenigen Wochen verkündeten Zusammenschluss der Wettbewerber Thomas Cook und Mytravel geraten waren.

Aktientausch geplant

TUI ist in der europäischen Touristik-Branche mit einem Umsatz von etwa 14Milliarden Euro zwar Marktführer, allerdings sind Thomas Cook und Mytravel mit einem gemeinsamen Umsatz von zwölf Milliarden Euro dem Branchenprimus demnächst dicht auf den Fersen.

Vor allem aber ist TUI auf dem britischen Markt, wo der Konzern unter der Marke Thomson Travel operiert, künftig nicht mehr die Nummer eins. First Choice wiederum, mit einem Jahresumsatz von knapp vier Milliarden Euro im Vergleich zur Spitze eher klein, gilt in der Branche als der größte Verlierer der Fusion von Thomas Cook und Mytravel.

Das börsennotierte Unternehmen sucht schon seit geraumer Zeit Anschluss bei einem Konkurrenten. Nach dem Scheitern der Fusionsgespräche mit Kuoni wurde Ende 2006 ein Verkauf des Pauschalreisegeschäfts in die Wege geleitet. Zu den Interessenten gehörten Thomas Cook, die Fluggesellschaft Virgin und Finanzinvestoren sowie zeitweise auch Mytravel. Die Spekulationen über den möglichen Kaufpreis gingen damals bis zu 1,2 Milliarden Euro. TUI hatte Ende 2006 dementiert, am Volumengeschäft des britischen Anbieters interessiert zu sein.

Möglicherweise bietet sich jetzt für TUI aber die Chance, das gesamte Unternehmen First Choice zu erwerben. Das Unternehmen erwirtschaftete im vergangenen Jahr eine operative Umsatzrendite von fünf Prozent und gilt damit in der Branche als Spitzenverdiener.

Am renditestärksten ist zwar das Pauschalreise-Geschäft, doch der Markt ist gesättigt. Margenschwächer, aber dafür wachstumsstark ist hingegen bei First Choice das Geschäft mit den Baustein-Reisen. In diesem Bereich - wie auch bei Spezialreisen - ist TUI noch vergleichsweise schwach und würde bei einer Fusion von dem Vorsprung des Partners profitieren.

Hoch verschuldet

Eigentlich ist die finanzielle Lage von TUI derzeit nicht gerade auf größere Zukäufe ausgerichtet. Der Konzern ist hoch verschuldet und kann Versprechen auf eine Reduzierung der Kredite derzeit nicht einhalten. Die Netto-Verschuldung ist auch 2006 nicht, wie geplant, gefallen, sondern bis Jahresende auf etwa 3,5 Milliarden Euro gestiegen. Nach Angaben des Vorstands von vergangenem Dezember soll sie 2008 auf 2,5 Milliarden Euro schrumpfen.

Nach Informationen der SZ plant Frenzel jedoch - wie Thomas Cook und Mytravel - einen Aktientausch. Das fusionierte Unternehmen soll als eigenständige Tochter an der Londoner Börse notiert sein. TUI will die Mehrheit daran halten und die Touristik-Tochter voll konsolidieren. Der Hotelbereich soll offenbar von der Transaktion ausgeklammert werden. Die Abtrennung des Reisegeschäfts und der Gang an die Londoner Börse würden der Transparenz dienen und damit der chronischen Kritik von Investoren und Analysten entgegenkommen.

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