Spätestens wenn der Italien-Reisende eine Trattoria erwischt hat, in der die Küche köstlichen Risotto zuzubereiten vermag, ist er angekommen im Sehnsuchtsland. Bei kaum einem anderen Gericht zahlt sich kulinarisches Können so aus wie bei der Mahlzeit, die das deutsche Lexikon allen Ernstes als „Breigericht“ bezeichnet. Reis, Schalotten, Brühe, Wein und viel rühren – das Grundrezept klingt einfach. Dennoch bekommt man selten genug einen guten Risotto serviert, und wenn, dann eher im italienischen Norden. Tradition zahlt sich aus, schließlich wird Reis seit dem 15. Jahrhundert im Piemont angebaut, etwa gleich weit entfernt von Alpen und Mittelmeer, unter einzigartigen Klima- und Bodenbedingungen.
Italien deckt die Hälfte der europäischen Produktion ab, insgesamt 1,5 Millionen Tonnen im Jahr – China allerdings: 211,4 Tonnen. Im Piemont, nicht von ungefähr eine der wohlhabendsten Gegenden des Landes, gedeiht ohnehin fast alles, was die italienische Küche so berühmt macht: Getreide, Gemüse, Obst, Wein. Und rund um Novara und Vercelli eben auch der Reis.
Arborio, Vialone oder Carnaroli?
Die riesigen Anbaufelder müssen sorgfältig plan gehalten werden, sie werden mehrfach im Jahr nach einem ausgeklügelten System mal unter Wasser gesetzt, mal entwässert, die Pflanzen müssen sorgsam betreut und am Ende am besten bei einer ganz bestimmten Kornfeuchte geerntet werden. Für den Risotto achten Kennerin und Kenner darauf, Arborio, Vialone oder Carnaroli auf den Herd zu bringen, besonders stärkehaltige und eher rundliche Körner, die sich gut binden lassen. So weit, so gut – wenn da nicht dieser Trend zum Basmati wäre, der mit der asiatischen Küche nach Europa gekommen ist, sogar nach Italien, das seine eigene Küche traditionell hochhält.
„Basmati“ bedeutet auf Hindi „duftend“, er gilt mittlerweile vielen als der aromatische Reis schlechthin. Beim Kochen wird er lang und länger, er bleibt bissfest und klebt nicht. Es wäre eigentlich eine kluge Erweiterung der Produktpalette, wenn das Reisland Italien auch den Basmati ins Programm nehmen würde. Und es ist ja nicht so, dass das nicht versucht worden wäre – nur leider ohne Erfolg. Während der Mix von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlag und Bodenbeschaffenheit im Piemont bei der dort vorherrschenden Reissorte Japonica bestens funktioniert, kommt damit die Schwestersorte Indica, die den Basmati ergibt, so gar nicht zurecht. Weshalb dieser weiterhin beinahe ausschließlich an den Hängen des Himalaja angebaut wird.
Zwar kann man in Italien wie in Deutschland Basmatireis kaufen, sogar solchen, der vorgeblich aus Italien kommt, bei genauerer Betrachtung ist er dann aber dort nur abgefüllt worden, bestenfalls. Oder man hat versucht, durch Kreuzung asiatischer Sorten mit italienischem Reis in die Nähe des Basmati zu kommen, das nennt sich dann gerne „Duft-Reis“. Echter Basmati muss weiter importiert werden, es hilft ja nichts. 2024 kaufte Italien 30 000 Tonnen aus Pakistan, ein nennenswerter Teil aller nach Italien importierten Güter, sagen die Statistiker. Und die Nörgler ergänzen: angereichert mit allen Pestiziden, die am Himalaja eingesetzt werden, und Rückständen aus der Produktion. Nur gut, und da sind sich die Italiener einig, dass Basmati nicht zum Risotto taugt. Niemals.