Regulierung:Deutsche Bank trickst US-Aufsicht aus

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Das entscheidende Detail versteckt sich in einer Fußnote, hinten im Geschäftsbericht: Die Deutsche Bank ändert die Rechtsform ihrer US-Tochter. Mit dem Umbau will die Bank strenge Vorschriften in Übersee umgehen. Finanzexperten fürchten, dass so eine Reform ausgehöhlt wird, die die Bankenbranche zügeln soll.

Moritz Koch, New York

Das Ausweichmanöver findet sich im Geschäftsbericht, verborgen in Fußnote eins auf Seite 347. "Mit Wirksamkeit zum 1. Februar 2012 ist die Taunus Corporation nicht länger Holdinggesellschaft der Deutschen Bank Trust Company America", heißt es dort. Ein kurzer Satz mit großer Wirkung: Der Trick erlaubt es der Deutschen Bank, zentralen Bestimmungen der amerikanischen Finanzreform zu entgehen.

Strenge Kapitalvorschriften sind eine der wichtigsten Lehren, die die USA aus dem großen Crash von 2008 gezogen haben. Banken sollen ihre Geschäfte künftig mit weniger geliehenem und mehr eigenem Geld abwickeln. So sollen sie stabiler werden, wenn in Krisenzeiten die Kreditströme versiegen. Die amerikanischen Tochterfirmen ausländischer Geldhäuser waren von den US-Kapitalvorschriften ausgenommen - bisher. "Dodd-Frank", so wird die unter der Federführung der demokratischen Politiker Chris Dodd und Barney Frank entstandene Finanzreform in Amerika genannt, hat diese Ausnahme gestrichen.

Um die neuen Vorschriften zu erfüllen, hätte die Deutsche Bank etliche Milliarden Dollar in ihr US-Geschäft stecken müssen. Doch Kapital ist teuer, gerade in Zeiten der Euro-Krise. Also behalfen sich die Frankfurter mit einem Trick. Sie veränderten die Organisationsstruktur ihrer US-Tochter, der Taunus Corporation, so, dass sie rechtlich nicht länger als Bank-Holding gilt und damit den Kapitalanforderungen entgeht.

Die Deutsche Bank gilt in den USA als "too big to fail"

Die Deutsche Bank ist nicht der erste europäische Finanzkonzern, der die lästigen Vorschriften umgeht. Die britische Bank Barclays hat das Ausweichmanöver vorgemacht. Dem Vorbild dürften noch andere Institute folgen. Doch nur wenige Geldhäuser haben in den USA so viel Gewicht wie die Deutsche Bank. Gemessen an ihren Vermögenswerten von 355 Milliarden Dollar zählt die US-Tochter des Frankfurter Konzerns zu den größten Banken Amerikas - damit gilt sie als "too big to fail", zu groß und zu stark vernetzt, als dass sie pleite gehen könnte, ohne eine Panik auszulösen.

Dennoch sind die Finanzpuffer, die Taunus Corporation in den USA vorhält, um Verluste abzufangen, minimal, wie ein Vergleich mit US-Banken zeigt. JP Morgan, der größte Finanzkonzern Amerikas, verfügt über eine risikogewichtete Kapitalquote von 10,2 Prozent. Bei der Taunus Corporation ist der Wert negativ: minus 6,1 Prozent. Allerdings wird hier eine Firmentochter einem Konzern gegenübergestellt. Nimmt man die Deutsche Bank als Ganzes, ergibt sich eine ausreichende Kapitalisierung.

Konzernsprecher betonen daher, das US-Geschäft der Deutschen Bank habe stets über angemessene Reserven verfügt und werde dies auch in Zukunft tun. Die Umstrukturierung der Taunus Corporation diene allein "der Stärkung einer bereits starken Institution". Zudem heißt es aus Bankkreisen, der Umbau des US-Geschäfts sei schon vergangenes Jahr angekündigt und in enger Absprache mit den Kontrollbehörden umgesetzt worden.

Doch US-Finanzexperten geben sich damit nicht zufrieden. Sie befürchten, dass Dodd-Frank ausgehöhlt wird. Sheila Bair, die frühere Chefin der Einlagensicherung FDIC: "Die Erfahrung zeigt, dass sich ausländische Banken und ihre Kontrolleure sträuben, Kapital nach Amerika zu schicken, wenn eine US-Firmentochter in Not gerät", sagt sie. "Die einzige Art von Kapital, die zählt, ist das, das sich in den USA befindet." Washington müsse nachbessern, fordert Bair, die inzwischen die Pew-Stiftung berät und noch immer hohes Ansehen genießt.

© SZ vom 23.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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