Statistisches Bundesamt:Zahl der Insolvenzen steigt

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"Wir schließen. Alles muss raus" steht auf dem Banner in der Tür eines Geschäfts in der Altstadt von Erfurt. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Im Oktober stieg die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um fast 23 Prozent zum Vorjahresmonat. Auftragsmangel und höhere Kosten zwingen immer mehr Unternehmen in Deutschland zur Geschäftsaufgabe.

Auftragsmangel und höhere Kosten zwingen immer mehr Unternehmen in Deutschland zur Geschäftsaufgabe. Im Oktober stieg die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 22,9 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Damit liegt die Zuwachsrate nun schon seit Juni 2023 im zweistelligen Bereic – mit Ausnahme des Juni 2024 (plus 6,3 Prozent). Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) spricht von einer „bedenklichen“ Entwicklung. „Immer mehr Unternehmen geht die Luft aus“, sagte DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers. „Wegbrechende Nachfrage aus dem In- und Ausland, hohe Kosten für Energie und Fachkräfte, erhebliche Belastungen durch Steuern und Bürokratie – all das drückt auf die Geschäftsaussichten und die Finanzlage.“ In diesem Jahr sei mit deutlich mehr als 20 000 Firmenpleiten zu rechnen.

Die Bundesbank hält auch für das kommende Jahr eine „signifikante Anzahl an Unternehmensinsolvenzen“ für wahrscheinlich. Strukturelle Veränderungen und die anhaltende Konjunkturflaute würden dafür sprechen. „Außerdem laufen Insolvenzen häufig dem Konjunkturzyklus nach und können auch zu Beginn einer wirtschaftlichen Erholung noch ansteigen“, heißt es im Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank. Höhere Zinsausgaben bei anstehenden Anschlussfinanzierungen könnten ebenfalls zu mehr Ausfällen beitragen. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) erwartet für 2025 ebenfalls ein hohes Niveau. „Die fehlende Handlungsfähigkeit der Bundesregierung und die ungewisse Dauer der Regierungsbildung nach den Neuwahlen lassen wichtige Gesetzesvorhaben ins Stoppen geraten – auch gerade solche, auf die die deutsche Wirtschaft dringend wartet“, sagte der VID-Vorsitzende Christoph Niering. Dies könne sich auch auf die Insolvenzzahlen auswirken.

Der Schnellindikator zu den Regelinsolvenzen greift auf Meldungen der Plattform Insolvenzbekanntmachungen.de zurück. Für die amtliche Statistik werden dann direkt Daten von Gerichten verwendet, die nicht so schnell zur Verfügung stehen, da sie nochmals geprüft werden. Die Amtsgerichte meldeten nach endgültigen Ergebnissen im August 1764 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das sind 13,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die Forderungen der Gläubiger bezifferten die Gerichte auf rund 2,4 Milliarden Euro, nach etwa 1,8 Milliarden Euro im Vorjahresmonat. Gesunken ist dagegen die Zahl der Verbraucherinsolvenzen, und zwar um 2,9 Prozent auf 5672. „Die derzeitige Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms aus lang anhaltender konjunktureller Schwäche und drastisch gestiegenen Kosten“, sagte kürzlich der Ökonom Steffen Müller vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). „Viele schwächere Unternehmen, die in der Niedrigzinsphase und mit Unterstützung während der Pandemie überlebt haben, stehen nun bei stark ge­stiegenen Kosten unter massivem Druck.“

Bezogen auf 10 000 Firmen gab es im August insgesamt 5,1 Unternehmensinsolvenzen. Die meisten Pleiten entfielen auf den Bereich Verkehr und Lagerei mit 9,2 Fällen. Danach folgten das Gastgewerbe mit 7,8 und die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleister – etwa Zeitarbeitsfirmen – mit 7,3 sowie das Baugewerbe mit 7,2 Fällen. „Insbesondere im Osten melden die Unternehmen Probleme“, sagte DIHK-Experte Evers. Fast jeder zweite hier ansässige Betrieb berichte von finanziellen Schwierigkeiten. Der Anteil kleiner und mittelgroßer Unternehmen sei in den östlichen Wirtschaftsregionen besonders ausgeprägt. „Diese Betriebe klagen häufiger als größere Unternehmen über finanzielle Probleme“, betonte Evers und verwies auf die aktuelle DIHK-Konjunkturumfrage, an der sich rund 25 000 Unternehmen beteiligten.

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