Reform der Jobcenter:Eine Anlaufstelle für alle Fragen

Lesezeit: 2 min

Gute Nachricht für fast sieben Millionen Hartz-IV-Empfänger: Sie haben auch weiterhin nun eine Anlaufstelle. Die wichtige Fragen und Antworten im Überblick.

Thomas Öchsner

Die Hilfen aus einer Hand bleiben für Langzeitarbeitslose erhalten. Nach einem jahrelangen Streit machte der Bundesrat am Freitag den Weg für die Neuordnung der Hartz-IV-Jobcenter frei, in denen Kommunen und Arbeitsagenturen zusammenarbeiten. Die Länderkammer billigte die zuvor schon vom Bundestag beschlossene Änderung des Grundgesetzes, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist.

Der Weg für die Reform der Hartz-IV-Jobcenter ist frei. Kommunen und Arbeitsagenturen dürfen Hartz-IV-Empfänger zusammen betreuen. (Foto: ap)

Die Entscheidung betrifft 6,84 Millionen Erwachsene und Kinder, die auf staatliche Leistungen aus der Grundsicherung (Hartz IV) angewiesen sind. Die wichtigsten Fragen und Antworten dokumentiert die Süddeutsche Zeitung.

Warum ist eine Neuorganisation überhaupt notwendig?

Die enge Kooperation von Kommunen und Arbeitsagenturen in den etwa 345 Jobcentern war 2005 entstanden. Damals legte die rot-grüne Regierung Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammen. Die Jobcenter sind die Anlaufstellen für Hartz-IV-Empfänger. Dort wird zum Beispiel ausgerechnet, wie viel Arbeitslosengeld II sie bekommen und in welcher Höhe ihre Wohnkosten erstattet werden. Das Bundesverfassungsgericht beanstandete aber im Jahr 2007 diese Form der Zusammenarbeit als unzulässige "Mischverwaltung". Die Bürger müssten klar erkennen können, von welcher Behörde sie welche Leistungen beziehen, hieß es beim Bundesverfassungsgericht zur Begründung. Die Richter verlangten deshalb bis spätestens Anfang des kommenden Jahres die Hartz-IV-Verwaltung neu zu ordnen.

Was soll sich von 2011 an ändern?

Union, FDP und SPD haben im Grundgesetz einen Absatz eingeführt, der die Kooperation von Kommunen und Arbeitsagenturen juristisch absichert. Alles weitere wird in einem Begleitgesetz geregelt. So darf vom kommenden Jahr an ein Fallmanager für höchstens 150 Erwachsene oder 75 Jugendliche zuständig sein. Gleichzeitig werden 3200 befristete Vermittler-Stellen in den Arbeitsagenturen entfristet.

Was ist mit Kommunen, die Hilfebedürftige in Eigenregie betreuen?

Derzeit gibt es 67 sogenannte Optionskommunen, die dies tun. Diese bislang befristete Betreuung in Alleinregie wird nun auf Dauer zugelassen. Gleichzeitig dürfen in Zukunft 110 Kommunen allein die Hartz-IV-Bezieher betreuen. Das Interesse dafür geht bei den Städten und Landkreisen bereits jetzt weit über diese Obergrenze hinaus. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden mehr als 5000 Mitarbeiter zu einer Kommune wechseln. Gleichzeitig müssen sich die Optionskommunen künftig einem Leistungsvergleich mit den Jobcentern stellen.

Welche Vorteile hat die Änderung des Grundgesetzes?

Am Freitag waren sich alle einig: Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) lobte den "überparteilichen Kompromiss". Damit würden künftig alle Betroffenen "Hilfen aus einer Hand bekommen, statt von Pontius zu Pilatus geschickt zu werden". Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach von einem "Sieg" für Arbeitslose und den "gestaltenden Föderalismus". Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, sagte: "Es ist gut, dass wir nun Klarheit haben, besonders für Kollegen in den Jobcentern, die trotz der organisatorischen Unsicherheiten engagierte Arbeit geleistet haben." Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, erinnerte daran, dass eine Einigung bereits vor einem Jahr möglich gewesen wäre.

Was war der ursprüngliche Plan?

Der frühere Arbeitsminister Olaf Scholz hatte bereits mit den Ländern einen Kompromiss ausgehandelt, der eine Verfassungsänderung vorsah. Zum Ärger vieler Landeschefs blockierte im Frühjahr 2009 die Unions-Fraktion im Bundestag diesen Plan. Von der Leyen setzte deshalb zunächst darauf, die Jobcenter wieder aufzuspalten, aber freiwillige Kooperationen von Kommunen und Arbeitsagenturen zu ermöglichen. Dies wurde jedoch von Seiten der Länder blockiert, bis sich dann die Parteien auf das jetzt beschlossene Regelwerk einigten.

© SZ vom 10.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: