Reform der Bundesanstalt für Arbeit:Florian Gerster macht Tempo

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Ein umfangreiches Reformkonzept soll die zunehmende Kritik am zögerlichen Umbau der Bundesanstalt für Arbeit entkräften. An letzten Details des Programms, das in seinen Grundzügen der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wird noch gefeilt.

Robert Jacobi

"Das wird ein Befreiungsschlag auch gegenüber der Politik", sagte Vorstandsmitglied Heinrich Alt. Nach abschließenden Sitzungen des zuständigen Lenkungsausschusses und des Verwaltungsrats in der übernächsten Woche will Behördenchef Florian Gerster sein Konzept im Juli vorstellen und damit Kritiker des Umbauprozesses besänftigen.

Florian Gerster galt als Dynamiker. Doch dieser Ruf hatte zuletzt etwas gelitten. (Foto: dpa)

Abgeordnete aus allen Parteien und Vertreter aus Wirtschaft und Gewerkschaften hatten Gerster zuletzt vorgeworfen, dass er den selbst gesteckten Zielen für den Umbau der Arbeitsämter mehr als ein Jahr nach seinem Amtsantritt nur wenig näher gekommen sei.

Umfangreicher Stellenmarkt im Internet

Der Kern der Reform ist der Versuch, Arbeitssuchende und Anbieter von Stellen schneller und effizienter zusammen zu bringen. Dazu soll bis zum Herbst ein "virtueller Arbeitsmarkt" im Internet entstehen.

Schon seit einigen Monaten testet eine Projektgruppe aus Mitarbeitern der Bundesanstalt und der Unternehmensberatung Accenture in einem Modellversuch diese Plattform. "Wir haben den Ehrgeiz, alle Stellen zu sammeln, die im Internet und anderswo angeboten werden", heißt es.

Dazu hat die Bundesanstalt bereits mit Online-Stellenbörsen eine enge Zusammenarbeit vereinbart. "Wenn das funktioniert, sind die Stellenmärkte der Printmedien bald überflüssig", sagte ein Mitglied des Lenkungsausschusses der SZ.

Kostenlos abzurufen

Arbeitssuchende sollen die Angebote kostenlos abrufen können. Auch sollen sie künftig im Internet ein persönliches Profil anlegen, das automatisch mit neu eingegangenen Angeboten abgeglichen wird.

Bisher enthalten die Datenbanken der Arbeitsämter nur jene Stellen, die von Unternehmen gemeldet werden. Das sind nach Behördenschätzungen nur ein Drittel aller tatsächlich in Deutschland existierenden Angebote.

Um eine bessere Transparenz herzustellen, will die Bundesanstalt künftig wie eine Aktiengesellschaft quartalsweise über die Kassenlage informieren. Dies soll laufende Spekulationen über die Höhe des Bundeszuschusses verhindern. Auch will Gerster jeweils über den aktuellen Stand des Umbaus berichten.

Größere Freiheiten

Der Vorstand der Behörde, zu dem neben Gerster noch Heinrich Alt und Frank Jürgen Weise zählen, will der Bundesregierung zudem eine Art Vertrag anbieten. Darin würde sich die Anstalt für jeweils ein Jahr auf feste Ziele bezüglich ihres Haushalts verpflichten und im Gegenzug eine größere Freiheit im Personalrecht und bei der Aufteilung der insgesamt rund 90.000 Stellen in den deutschen Arbeitsämtern bekommen.

Auch soll das Controlling verbessert werden. Die Bundesanstalt hat Deutschland virtuell in zwölf wirtschaftlich vergleichbare Zonen aufgeteilt. Dadurch sollen sich die Arbeitsämter besser aneinander messen können.

Eine straffere Organisation soll zudem verhindern, dass die Ämter zusammen brechen, wenn sie vom kommenden Jahr an rund eine Million erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger aus der Obhut der Kommunen übernehmen sollen. "Die Gesetzgebung des Bundes muss die eigenen Reformbemühungen ergänzen", forderte Vorstand Alt.

Neues Telefonsystem

Zugleich arbeitet die Bundesanstalt mit dem Telekommunikationsanbieter Tenovis an einem neuen Telefonsystem, das die Erreichbarkeit der Arbeitsämter verbessern soll. Während an betriebsamen Tagen derzeit nur jeder zweite Anrufer durchkommt, soll die Quote auf 90 Prozent steigen.

In Callcentern sollen nicht nur Daten aufgenommen, sondern auch bearbeitet werden, so dass viele Anliegen von Arbeitslosen oder Antragstellern für Kindergeld mit einem Anruf erledigt sind. Auch wird geprüft, ob Arbeitnehmer sich nach der Kündigung künftig über Internet oder telefonisch arbeitslos melden können, um Wartezeiten in den Ämtern zu vermeiden.

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