Reden wir über Geld:Schröder: "Du bist um eins da. Und zieh Dir einen Anzug an!"

Jahres-Pk RAG-Stiftung

Früher Wirtschaftsminister unter Gerhard Schröder, heute Vorstandsvorsitzender der RAG-Stiftung: Werner Müller

(Foto: dpa)

Werner Müller erfuhr aus dem Radio, dass er der erste Wirtschaftsminister einer rot-grünen Regierung werden sollte. Für Altkanzler Schröder zahlte sich seine Berufung schnell aus.

Von Alexander Hagelüken

Wie ist es, wenn einen der Bundeskanzler für zwei Stunden in die Hauptstadt bestellt, ohne zu verraten, worum es geht? Der Energiemanager Werner Müller hat es erlebt. 1998 meldete sich Gerhard Schröder bei ihm und rief ihn eilig herbei. Auf dem Weg nach Bonn hörte Müller dann im Radio, dass er Wirtschaftsminister der ersten rot-grünen Bundesregierung werden sollte.

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung berichtet der 71-Jährige nun, 20 Jahre später, über die einigermaßen skurrile Situation: "Ich saß um elf Uhr zuhause in Mülheim im Bademantel, als Schröder anrief." "Du musst um eins in Bonn sein", soll der Altkanzler ihm gesagt haben. "Ich sagte, schaff' ich nicht, zwischen hier und Bonn liegt der Kölner Ring." Da sei Schröder recht bestimmt geworden und habe gesagt: "Du bist um eins da. Und zieh Dir einen Anzug an!" Schröder schob Müller dann mit einem Trick auf den Posten, für den er noch ein paar Monate zuvor abgewunken haben will.

Heute kümmert sich Müller um die Ruhrkohle

Müller ins Amt bugsiert zu haben sollte sich für den Altkanzler schon kurze Zeit später auszahlen. Der Neu-Politiker, zuvor 20 Jahre Strommanager, umschiffte für den bisher letzten SPD-Kanzler eine der größten Klippen seiner Amtszeit. Nach stundenlangen Verhandlungen unter Müllers Zigarrenschwaden willigten die Grünen ein, den Atomausstieg nicht frontal gegen Arbeitnehmer und Konzerne durchzusetzen - alles andere hätte Schröders Regierung sprengen können. Entspannt leerten die beiden anschließend eine Flasche Rotwein, erzählt Müller nun 20 Jahre später.

Nach seiner Rückkehr in die Wirtschaft widmete sich Müller dann gleich dem nächsten Großprojekt und konstruierte eine Lösung für die Umweltlasten der deutschen Steinkohle. Noch heute ist er Chef der RAG-Stiftung, die die Altlasten der Kohle aus den Einnahmen von privaten Konzernen wie Evonik finanziert. Wie man die Strippen für solche Mammutprojekte zieht? "Indem man jeden Abend mit Leuten diskret essen geht und überzeugt" sagt Müller.

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