Das Phänomen lässt zehn Minuten auf sich warten, dann kommt er schwungvoll zur Tür herein. Der Immobilienunternehmer Alfons Doblinger, der 1990 die Wohnungen der Neuen Heimat kaufte und damit einen Sturm der Entrüstung auslöste, gibt das erste große Interview seines Lebens - mit 64. Gleich wird er weinen.
Immobilienunternehmer Alfons Doblinger: "Der liebe Gott scheint mich immer prüfen zu wollen."
(Foto: Foto: oh)SZ: Herr Doblinger, reden wir über Geld. Spüren Sie die Finanzkrise persönlich?
Alfons Doblinger: Ich befasse mich maximal zehn Minuten am Tag damit. Ich habe zu viel zu tun, um an die Krise zu denken.
SZ: Haben Sie sie kommen sehen?
Doblinger: Ich habe schon lange befürchtet, dass es bei Immobilienkrediten in den USA und untergeordnet in Europa zu einer Störung kommt, weil das Riesen-Missverhältnis irgendwann ausbricht. Es ist schade, dass wir Menschen nur unter Druck lernen. Ich empfinde die Finanzkrise aber nicht als Problem, sondern als Segen. Stellen Sie sich vor, diese Krise wäre erst in drei Jahren aufgetreten. Dann hätte die gesamte westliche Wirtschaft den Schaden nicht mehr eingrenzen können. Ich habe immer nur aus Krisen gelernt. Man braucht den Erfolg zur Selbstbestätigung, aber lernen tut man aus Rückschlägen.
SZ: Hatten Sie viele Krisen?
Doblinger: Es war nie so, dass ich einmal wieder ganz von vorne anfangen musste. Aber ansonsten war mein gesamter Berufsweg eine Abfolge von Erfolgen und Niederlagen. Es waren Situationen, die manchmal ausweglos schienen, ein ständiger Kampf. Der liebe Gott scheint mich immer prüfen zu wollen.
SZ: Lehnen Sie sich nie zurück?
Doblinger: Ich bin kein Mensch, der gut ausspannen kann. Obwohl, vor einiger Zeit war ich mit meiner Frau zwölf Tage auf den Azoren; da wollte ich immer schon hin, seit ich als kleines Kind im Wetterbericht immer vom Azoren-Hoch gehört habe. Aber eigentlich fühle ich mich am wohlsten bei der Arbeit.
SZ: Wie viel arbeiten Sie?
Doblinger: Ich fange um halb acht Uhr an und versuche, um halb neun abends zu gehen. Aber es wird immer wieder eine oder zwei Stunden länger. Früher war es noch viel intensiver. Da habe ich um fünf Uhr morgens angefangen und bin meist nach Mitternacht heimgekommen.
SZ: Wann war das?
Doblinger: In jungen Jahren als Holzhändler in meinem Geburtsort bei Cham. Ich habe mit 17 eine Sondergenehmigung vom Landratsamt bekommen, dass ich Lkw fahren darf und wurde dazu auch für volljährig erklärt. Damals war das erst mit 21 möglich.
SZ: Wie waren Sie als junger Chef?
Doblinger: Ich war in jungen Jahren sehr fordernd, mit mir unzufrieden, auch aggressiv, ich wollte immer weiter und weiter. Kaum dass ich eine mir vorgenommene Aufgabe erfüllt hatte, war ich schon wieder am nächsten Thema.
SZ: Wollten Sie ans große Geld heran?
Doblinger: Geld war nie ein Antrieb für mich, es war mir eigentlich immer gleichgültig, vor allem privat. Ich selbst brauche nur wenig. Das Geld war nötig, um meine unternehmerischen Ziele zu erreichen. Aber nie für mich privat.
SZ: Wie viel Geld haben Sie im Portemonnaie?
Doblinger: Ungefähr 250 Euro. Einmal im Jahr kaufe ich mir vielleicht ein paar Anzüge ab Werk, so für 200 Euro. Neulich war ich geschäftlich in Stuttgart, da habe ich gleich 30 Hemden mitgenommen, maßgefertigt in einer Fabrik.
Lesen Sie auf der zweiten Seite, wie viele Arbeitsjahre Alfons Doblinger bereits hinter sich gebracht hat.