Rechtsform:Brexit-Vorsorge

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD)

Justiz- und Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) lockt Unternehmen nach Deutschland.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die Justizministerin will Gesellschaften mit britischer Rechtsform den Wechsel nach Deutschland erleichtern.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Die Drogeriemarktkette Müller, der britische Triebwerkshersteller Rolls-Royce und die insolvente Fluglinie Air Berlin ist mehr gemeinsam, als auf den ersten Blick zu erkennen ist. Sie alle haben oder hatten eine zumindest teilweise britische Gesellschaftsform, den Hauptsitz in England und mindestens eine Zweigniederlassung in Deutschland. Die Niederlassungsfreiheit, wie sie der Lissabon-Vertrag vorgibt, ließ das zu: Die Behörden, so urteilten vor Jahren schon deutsche Gerichte und der Europäische Gerichtshof, mussten ermöglichen, dass viele Firmen ihren Sitz in England hatten, einen Großteil ihres Geschäfts aber woanders machten.

Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU bekommen Firmen mit derartigen Konstrukten in Deutschland Probleme. Das Bundesjustizministerium hat deswegen am Mittwoch einen Gesetzentwurf ins Kabinett eingebracht, durch den sich hierzulande ansässige Unternehmen nach britischem Recht eine deutsche juristische Grundlage geben können. Er richtet sich an Firmen in der Rechtsform einer privaten "Limited" oder einer börsennotierten "PLC". "Es ist wichtig, dass die Unternehmen noch vor dem Brexit tätig werden", sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley zu Reuters. Kleinunternehmer und Existenzgründer, die eine Limited in Deutschland gegründet hätten, könnten sich auf die Unterstützung der Bundesregierung beim Brexit verlassen. "Wir wollen ihnen dabei helfen, entsprechende Vorsorge zu treffen", sagte Barley.

Einst waren Formen der britischen "Limited" besonders bei Firmengründern beliebt, weil so Unternehmen fast ohne Eigenkapital möglich wurden. So ließen sich die Kapitaleinlage von mindestens 25 000 Euro für die Gründung einer deutschen GmbH vermeiden. Nach einem jahrelangen Limited-Boom reagierte die damalige Bundesregierung im Herbst 2008 und schuf die Voraussetzungen für die heute sehr beliebte Form einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft, kurz UG. Daraufhin verlor die nicht-börsennotierte britische Limited weitgehend an Bedeutung, was auch damit zu tun hatte, dass viele Gründer schon nach einem Jahr an den britischen Regeln zur Rechnungslegung gescheitert waren.

Laut Barleys Gesetzentwurf gibt es noch zwischen 8000 und 10 000 Limited-Firmen in Deutschland. Mit dem Brexit verlieren diese ihre Niederlassungsfreiheit und werden in Deutschland dann nicht mehr anerkannt. Das "Umwandlungsgesetz" soll den Übergang in eine Kommanditgesellschaft (KG), eine GmbH & Co. KG oder eine UG erleichtern. Dabei soll es ausreichen, wenn die Gesellschafter ihre Umwandlungspläne vor dem Brexit notariell beurkunden lassen. Höchste Zeit, an diesen Plänen zu arbeiten.

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