Süddeutsche Zeitung

Recht:Knifflige Haftung bei Eis und Schnee

Im Winter haben Hausbesitzer und Mieter viele Pflichten zu erledigen - sonst zahlen sie bei Schäden. Ein Überblick über die wichtigsten Vorschriften.

Von Berrit Gräber

Jetzt, kurz nach Beginn des neuen Jahres, soll es kalt werden. In Köln, Hamburg und Berlin soll die Temperatur nachts bis auf minus fünf Grad sinken, in München auf minus zehn Grad. Zudem soll es im Süden der Republik schneien. So romantisch Eiszapfen und Neuschnee sein können, so ungemütlich sind die Folgen für Hausbesitzer und Mieter. Ihnen stellen sich jetzt viele Fragen: Wer muss bei Schnee und Eis ran, Mieter oder Vermieter? Wer haftet, wenn Fußgänger auf glatten Gehwegen stürzen, herunterfallende Eisplatten Passanten verletzen, Wasserleitungen bei Dauerfrost platzen. Selbst die besten Versicherungspolicen ersparen es Hausbesitzern und Mietern nicht, sich rechtzeitig zu kümmern, damit Probleme gar nicht erst entstehen, mahnt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Das ist gerade dann wichtig, wenn die Bewohner verreisen.

In Mehrfamilienhäusern kann der Mietvertrag vorsehen, dass nicht der Besitzer, sondern die Mieter den Winterdienst erledigen müssen. Bei Glatteis ist es wichtiger, schnell zu streuen als den Schnee zu räumen. Viele Städte haben ihren Einwohnern verboten, Salz und Harnstoff auf den Gehwegen zu streuen. Umweltverträgliche Alternativen sind Splitt, Kalkstein, Sand und Quarz. Selbst wenn der Vermieter seine Pflichten auf den Mieter abwälzt, muss er kontrollieren, ob die Mieter den Winterdienst erledigen. Sonst haftet der Eigentümer unter Umständen bei Schäden.

Die Städte und Gemeinden legen fest, wann und wie oft Bewohner zu Schaufel und Streugut greifen müssen. Früh aufstehen ist unumgänglich: Winterdienst müssen Mieter und Hausbesitzer ab 7.00 Uhr leisten, an Sonn- und Feiertagen ab 8.00 Uhr, allerspätestens 9.00 Uhr. Streu- und Räumpflicht besteht bis 20.00 Uhr am Abend, je nach Wetter mehrmals am Tag. Die Bewohner müssen den Hauseingang, die Wege zu den Mülltonnen, den Garagen sowie die Gehwege vor dem Haus räumen und streuen. Die eis- und schneefreie Gasse sollte rund einen Meter breit sein, damit zwei Fußgänger aneinander vorbeigehen können. Die Besitzer von Kneipen, Restaurants und Kinos müssen bis in die späten Abendstunden vor ihren Geschäften streuen und räumen.

Bewohner müssen auch Räume beheizen, die sie über längere Zeit hinweg gar nicht nutzen

Rutscht jemand aus, müssen sich Mieter und Eigentümer den Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen der Verunglückten stellen. In diesem Fall hilft eine private Haftpflicht respektive die Grundbesitzerhaftpflicht. Aufgepasst: Wer nicht räumt und lieber drinnen im Warmen bleibt, handelt vorsätzlich. Geschieht ein Unfall, verweigert die Versicherung die Zahlung.

Berufstätige und Kranke sollten Nachbarn und Freunde bitten, den Winterdienst zu erledigen. Möglich ist auch, fremde Hilfskräfte gegen Bezahlung um Unterstützung zu bitten. Weder Krankheit, Urlaub noch besonders frühe Arbeitszeiten befreien Bewohner von der Aufgabe, die Wege eis- und schneefrei zu halten.

Bilden sich große Eiszapfen an Dachrinnen und Vorsprüngen, sollten Mieter am besten sofort ihren Vermieter informieren. Für Hausbesitzer ist es ratsam, gefährliche Eisgebilde rechtzeitig selbst abzuschlagen und notfalls von der Feuerwehr entfernen zu lassen, wenn die Zapfen schwer zugänglich sind. Abrutschende Schneemassen sind ebenfalls riskant. Geht eine Dachlawine ab und verletzt Passanten, kommt dafür in der Regel die private Haftpflichtversicherung des Eigentümers auf. Bei Mehrfamilienhäusern springt unter Umständen die Grundbesitzerhaftpflicht ein. Vorsicht: Fehlen vorgeschriebene Schneefanggitter am Dach, haftet der Hausbesitzer womöglich trotz seiner Versicherung. Verreisen die Bewohner für längere Zeit, sollte sie die Heizung in dem Haus oder in der Wohnung nicht ausstellen, sondern das Thermostat wenigstens auf Frostschutz stehen lassen. Steht ein Gebäude über längere Zeit leer, nutzen Bewohner einen Raum über Wochen hinweg nicht, muss der Eigentümer regelmäßig die Wasserrohre kontrollieren, um zu verhindern, dass Leitungen platzen. Andernfalls riskiert der Eigentümer, dass die Gebäudeversicherung den Schaden nicht übernimmt. Ist ein Haus gerade im Bau, muss der Bauherr die Wasserleitungen gegen den Frost schützen. Sonst bleibt er auf möglichen Schäden sitzen.

Frieren Wasserleitungen ein und bersten, zahlt die Versicherung - falls diese Risiken im Vertrag abgedeckt sind. Die Wohngebäudepolice übernimmt in der Regel Leitungsschäden in der Wand, die Hausratversicherung Wasserschäden am Mobiliar und in der Wohnung. Darauf ist aber nur dann Verlass, wenn die Bewohner die Rohre rechtzeitig entleert beziehungsweise abgesperrt haben und sie den Wohnraum ausreichend beheizt haben. Auch Mieter sind in der Pflicht, Räume zu beheizen. Vergessen die Bewohner das, zahlt die Versicherung keinen einzigen Cent.

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Quelle:
SZ vom 03.01.2017
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