Supermarktkette:Metro verkauft Real-Märkte an deutsch-russische SCP-Gruppe

Die Real Filiale in Siegen mit Logo, die Real Maerkte stehen wohl kurz vor dem Verkauf und Zerschlagung Wirtschaft, Feat

Ein Laden der Supermarktkette Real in Siegen.

(Foto: Rene Traut/imago images/Rene Traut)
  • Der Unternehmenswert für den Deal wurde auf etwa eine Milliarde Euro festgelegt.
  • Der Verkauf der Real-Märkte ist der bisher größte Handel von großflächigen Ladengeschäften in Deutschland.
  • Der Kauf wird größtenteils mit Geld des russischen Oligarchen Wladimir Jewtuschenkow finanziert.

Von Michael Kläsgen und Benedikt Müller, Düsseldorf

Die Supermarktkette Real ist am Donnerstagabend offiziell verkauft worden. Die 276 Märkte der Kette werden von dem deutsch-russischen Konsortium SCP Group und X+Bricks übernommen. Das erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus Unternehmenskreisen. Bis in die Nacht hatten die Aufsichtsratsgremien beider Seiten getagt. Ein Kaufvertrag ist nun unterschrieben. In dieser Dimension sind in Deutschland noch nie Standortpakete für Großflächen auf einen Schlag verkauft worden. Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats müssen 10 000 der insgesamt etwa 34 000 Real-Mitarbeiter mittelfristig mit einer Kündigung rechnen. Die SCP Group finanziert den Kauf größtenteils mit dem Geld des russischen Mischkonzerns AFK Sistema des Oligarchen Wladimir Jewtuschenkow.

Auf der heutigen Aktionärsversammlung des Real-Mutterkonzerns Metro in Düsseldorf demonstrieren Landespolitiker und Real-Verkäuferinnen gegen den Verkauf. Mehrere Hundert Real-Beschäftigte sind gekommen. Viele haben Trillerpfeifen mitgebracht. Sie skandieren vor der Stadthalle den Spruch von Fridays for Future: "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut." und auch "Wir woll'n den Olaf sehn." Drinnen tagt derweil die Hauptversammlung der Metro-Aktionäre. In seiner Rede sagt Metro-Chef Olaf Koch: Die Trennung von Real sei "eine der ganz großen Entscheidungen", die ihn auch persönlich schmerze. Derzeit erarbeite man die letzten Details mit SCP. "Die Teams sitzen beim Notar", sagt Koch. "Es wird noch einen Gremien-Vorbehalt geben von SCP."

Der Aufsichtsrat habe in seiner außerordentlichen Sitzung am Donnerstagabend die Entscheidung zur Trennung von Real gefasst, sagt Aufsichtsratschef Jürgen Steinemann in der Hauptversammlung. "Wir sind überzeugt, dass der Verkauf von Real für die Zukunft von Metro ein richtiger und wichtiger Schritt ist." Die Trennung sei freilich von vielen Emotionen begleitet, so Steinemann, "die kann ich persönlich sehr nachvollziehen."

Der Düsseldorfer Handelskonzern verständigte sich demnach mit dem Konsortium auf einen Unternehmenswert von etwa einer Milliarde Euro. Metro erhält, wie zuvor bekanntgegeben, einen Nettomittelzufluss von etwa 300 Millionen Euro. Weitere 1,5 Milliarden Euro erhofft sich Metro aus dem Verkauf des Mehrheitsanteils am chinesischen Geschäft. Die SCP Group hat ihren Sitz in Luxemburg und London, X+Bricks ist ein auf Supermärkte spezialisierter Immobilienentwickler.

Das Konsortium will 50 Filialen für mindestens zwei Jahre erhalten und weiterbetreiben. Wie die Immobilien-Investoren das bewerkstelligen wollen, ist unklar. Real verliert damit etwa 80 Prozent seines Umsatzes von derzeit knapp sieben Milliarden Euro. Bestimmte Strukturen vom Real Service Management in Düsseldorf müssen dafür aufrechterhalten werden. Andererseits sinkt durch den Verkauf das Einkaufsvolumen, wodurch sich Reals Verhandlungsposition bei den Lieferanten verschlechtert. Im Wettbewerb mit anderen Händlern werden die 50 verbliebenen Märkte dadurch geschwächt, was die Wahrscheinlichkeit mindert, dass sie nach zwei Jahren fortgeführt werden.

Eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Transaktion kommt dem ehemaligen Geschäftsführer von Kaufland, Patrick Kaudewitz, zu. Er hatte vergangenes Jahr die Schwarz Gruppe, zu der auch Lidl gehört, verlassen und heuerte vor Kurzem beim Konsortium an. Er soll Aufsichtsratschef der Betreibergesellschaft werden. Diese wird dafür zuständig sein, einzelne Märkte zu schließen, an andere Handelskonzerne weiterzuverkaufen und einen Kernbestand weiter zu bewirtschaften. Zudem übernimmt das Konsortium das Onlinegeschäft von Real.

Real-Märkte sind im Durchschnitt 8000 Quadratmeter groß und damit noch etwas größer als ein Fußballfeld. Metro-Chef Olaf Koch erwartet, dass der Verkauf bis zum Sommer abgewickelt sein soll.

Nicht nur werden voraussichtlich in einem ersten Schritt etwa 30 Filialen geschlossen. Auch die Autozubehör- und Bekleidungsabteilungen in den Real-Märkten werden überflüssig. Andere Lebensmittelhändler werden sie nicht weiterbetreiben, da dies nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört. Die Kartellbehörden müssen der Übernahme noch zustimmen.

Metro hatte am Donnerstagmorgen bekannt gegeben, dass Real auch im zurückliegenden Weihnachtsquartal Verluste gemacht hat. Das Minus belief sich auf 34 Millionen Euro. Zudem musste Metro eine Wertberichtigung wegen Real vornehmen, die sich auf 237 Millionen Euro belief.

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