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Reaktionen auf neue Euro-Bonds-Pläne aus Brüssel:Merkel lässt Barroso abblitzen

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Die Bemühungen von EU-Kommissionschef Barroso scheinen vergeblich: Kanzlerin Merkel lehnt Euro-Bonds weiter ab - trotz der neuen Überlegungen aus Brüssel. Immerhin zeigt sie sich gnädig und kündigt an, die Vorschläge zu prüfen. Aus den Regierungsfraktionen hingegen kommt auch verbal heftige Gegenwehr.

Letzte Rettung Euro-Bonds? Um die massive Schuldenkrise in Europa in den Griff zu bekommen, schlägt die Europäische Kommission die Einführung gemeinschaftlich garantierter Anleihen vor. Am Mittwoch will Präsident José Manuel Barroso drei Varianten vorstellen, um sie auch Kanzlerin Merkel schmackhaft zu machen - doch die ersten Reaktionen deuten nicht darauf hin, dass es dem Portugiesen gelingen wird, die Zweifler zu überzeugen.

Angela Merkel zumindest ließ Barroso rüde abblitzen. Am Vormittag teilte die CDU-Frontfrau über Regierungssprecher Steffen Seibert mit, sie lehne gemeinsame europäische Staatsanleihen weiterhin ab, wolle aber den Vorstoß von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso prüfen. Seibert kündigte an, dass Merkel bei einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkzoy und dem neuen italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti am Donnerstag über Barrosos Vorschläge sprechen werde.

"Man ist auf der sicheren Seite, wenn man sagt, dass bei diesem Treffen alles besprochen wird", sagte Seibert. Er betonte aber, dass die Bundesregierung Euro-Bonds nicht für ein Allheilmittel zur Lösung der Schuldenkrise in Europa halte - es sei besser, die Ursachen der Krise zu bekämpfen.

Auch die Unions-Fraktion im Bundestag gab sich eindeutig. Man werde den gemeinsamen Schuldpapieren der Euro-Länder, die Kommissionspräsident Jose-Manuel Barroso "Stabilitätsanleihen" nennt, nicht zustimmen, sagte Vize-Fraktionschef Michael Meister. Die Union lehne die Vergemeinschaftung der Haftung nach wie vor ab. "Stabilitätsanleihen entspringen einer Missinterpretation der Kommission des solidarischen Gedankens. Auch ständige Wiederholungen der Transfervorschläge durch die Kommission ändern an dieser Tatsache nichts", sagte Meister.

Mit Euro-Bonds würden die Zinsen von Schuldenländern am Kapitalmarkt deutlich sinken, für Deutschland mit seiner erstklassigen Bonität würden sie dagegen steigen. Außerdem fürchtet die Bundesregierung, dass der Reformdruck auf überschuldete Länder nachlässt, wenn sie sich wieder billiger Geld leihen können.

FDP spricht von "Zinssozialisierung"

Auch die FDP lehnt eine Vergemeinschaftung von Schulden im Euro-Raum weiter strikt ab. Die Partei sei sich einig, "dass wir keine Zinssozialisierung in Europa wollen", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Den Vorschlag von Barroso nannte er einen "rückswärtsgewandten" Vorstoß, bei dem längst zurückgewiesene Instrumente wieder auf die Tagesordnung kämen.

Bei der Lösung der Schuldenkrise gebe es in der EU "offenbar immer noch den Wunsch, zu einer billigen Lösung zu kommen", also "die Wirtschaftskraft Deutschlands zu nutzen", kritisierte Lindner. Eine Transferunion sei für die FDP aber indiskutabel. Die Liberalen stünden für eine Stabilitätsunion. Alles andere würde nach Lindners Worten "deutsche Interessen beschädigen". Die FDP-Position sei als "Rückendeckung" für die Kanzlerin zu verstehen.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hatte zuvor dem französischen Fernsehsender France 5 gesagt, gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder sollten erst dann eingeführt werden, wenn auch die gemeinsame Kontrolle über die nationalen Haushalte verstärkt worden sei. Diese Vorbedingung sei ein "fairer Deal", um die Schuldenprobleme einiger Euro-Staaten zu lösen.

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