Reaktion auf Schuldenkrise:Commerzbank gibt Immobilien- und Schiffskredite auf

Weil sich die Schuldenkrise in Europa immer weiter verschärft, weitet die Commerzbank ihren Konzernumbau aus. Deutschlands zweitgrößte Bank vergibt künftig keine Kredite mehr für Gewerbeimmobilien und für Schiffe. Dabei hatte sie dies noch vor Kurzem zum Kerngeschäft gezählt. Und das Bankmanagement stellt klar, dass noch weitere Umbauschritte folgen werden.

Die Commerzbank verschärft ihren Konzernumbau - und stellt überraschend ihr Neugeschäft mit Krediten für Gewerbeimmobilien und Schiffe komplett ein. Die Bank, die in beiden Bereichen bisher zu den größten Anbietern in Deutschland gehört, vollzieht damit eine Kehrtwende.

Noch vor wenigen Monaten hatte die Bank diese Aktivitäten zum Kerngeschäft erklärt . Stattdessen sollen nun die bestehenden Kredite schrittweise so abgebaut werden, dass daraus keine großen Verluste entstehen, wie die Bank am Dienstagabend nach einer Vorstandssitzung mitteilte.

Die Entscheidung bedeutet auch das Aus für rund 1000 verbliebene Eurohypo-Mitarbeiter. Von ihnen dürfte nur ein Teil für die interne "Bad Bank" gebraucht werden, in der die Hypotheken- und Schiffskredite landen sollen. In der Schiffsfinanzierung arbeiten 160 Mitarbeiter.

Commerzbank-Chef Martin Blessing sagte in einem im Intranet der Bank veröffentlichten Interview: "Das ist keine Kehrtwende, sondern eine Beschleunigung unseres bisherigen Kurses." Die Bank reagiere damit auch auf die Verschärfung der Staatsschuldenkrise. Gründe für den Strategiewechsel seien die starken Schwankungen in den Ergebnissen der Gewerbeimmobilien- und Schiffsfinanzierung, woran sich so schnell nichts ändern werde."Ein rasches Ende der Eurokrise ist nicht absehbar. Daher müssen wir die Risiken weiter konsequent reduzieren und uns auf das Geschäft konzentrieren, das nachhaltig profitabel ist."

Branchenbeobachter begrüßten diesen Schritt: "Mit dem Wertverfall der Staatsanleihen Italiens und Spaniens dürfte der nächste Schrecken auf die Commerzbank zukommen", sagten Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Deshalb sei der Schritt, weitere Risiken abzubauen, richtig.

"Was dahinter steckt ist: Reißleine", sagte Analyst Konrad Becker von der Privatbank Merck Finck. "Wir leben in einer Situation, in der sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld verschlechtert. Das ist für einen Geschäftsbereich gewerbliche Immobilienfinanzierung und Schiffsfinanzierung ein Problem", so Becker. Allerdings sei das auch schon vor drei Monaten absehbar gewesen, als das Management um Konzernchef Martin Blessing angekündigt hatte, diese Bereiche zu einem neuen Geschäftsfeld der Kernbank zu formen.

Abbau statt Rückbau

Erst im März hatte die Commerzbank beschlossen, dass von der Eurohypo nur ein kleiner, gesunder Kern in Deutschland und vier weiteren Ländern bleiben sollte. Schon damals sollten aber vier Fünftel des Bestands abgebaut werden. Statt 20 Milliarden Euro an Schiffskrediten wollte die Bank nur noch die Hälfte in den Büchern stehen haben. Beide Bereiche wurden aber gleichzeitig zum Kerngeschäft erklärt, das in einer eigenen Sparte unter der Führung von Jochen Klösges zusammengefasst werden sollte. Diese wird es nun nicht geben, wie die Bank betonte. Für Privat- und Firmenkunden will sie aber weiter Immobilienkredite bereithalten.

Bankchef Blessing verwies zur Begründung der Pläne auch auf die neuen Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften für Banken. Sie hätten zur Folge, dass zu viel kostbares Kapital gebunden werde. "Dies alles macht das Geschäftsmodell der gewerblichen Immobilienfinanzierung und der Schiffsfinanzierung für uns nicht mehr attraktiv", sagte Blessing. Für Schiffspfandbriefe, mit denen das Geschäft künftig refinanziert werden sollte, gebe es kaum noch Abnehmer, hieß es in Commerzbank-Kreisen. Der Antrag der Bank auf eine Lizenz für Hypothekenpfandbriefe läuft noch. Über diese verfügt bisher nur die Eurohypo, die auf Geheiß der EU vom Markt verschwinden muss. Der größte deutsche Immobilienfinanzierer wird daher Ende August in "Hypothekenbank Frankfurt" umbenannt. Sein Geschäft aber landet schon vorher komplett in der eigenen Abbaubank "Non Core Assets".

An den Zielen für das laufende Geschäftsjahr werde sich fürs Erste nichts ändern, hieß es in der Mitteilung. Die Bank hat sich für 2012 nur darauf festgelegt, dass die Rückstellungen für faule Kredite nicht mehr als 1,7 Milliarden Euro ausmachen sollen. "An der grundsätzlichen Risikoeinschätzng der Portfolien hat sich nichts geändert", betonte der Sprecher. Mit den Zahlen für das erste Halbjahr am 9. August würden aber alle Prognosen aktualisiert.

Mitarbeiter und Kunden der Commerzbank müssen sich aber noch auf weitere Veränderungen einstellen. Der Abschied von Schiffs- und Immobilienkrediten sei nur eine erste Konsequenz aus einer strategischen Überprüfung aller Teile der Bank. "Die Ergebnisse dieses Prozesses werden wir im Herbst vorstellen", sagte der neue Finanzchef Engels.

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