Süddeutsche Zeitung

Airlines reagieren auf MH17-Absturz:"Der Kaskokriegsmarkt wird auf jeden Fall steigen"

Nach der MH17-Katastrophe erwarten die Fluggesellschaften steigende Versicherungsbeiträge - weil der Absturz mit großer Sicherheit auf einem kriegerischen Akt beruht.

Von Patrick Hagen, Köln

Fluggesellschaften müssen sich auf steigende Preise bei einem Teil ihres Versicherungsschutzes einrichten. Nachdem der in der Ukraine abgestürzte Flug MH17 von Malaysia Airlines höchstwahrscheinlich abgeschossen worden ist, erwarten Experten höhere Kosten bei den sogenannten Kriegsdeckungen für Flugzeuge. "Der Kaskokriegsmarkt wird auf jeden Fall steigen", sagt Daniel Rüter von der Albatros.

Das Unternehmen ist für den Versicherungseinkauf der Lufthansa-Gruppe zuständig und arrangiert auch Versicherungen für andere Gesellschaften. Diese Policen ersetzen den Wert des Flugzeugs, wenn es durch einen terroristischen oder kriegerischen Akt zum Absturz gebracht wird - was in der Ukraine sehr wahrscheinlich der Fall war. Ein großer Teil dieser speziellen Versicherungen ist über den Londoner Versicherungsmarkt Lloyd's gedeckt.

Munich Re erwartet zumindest teilweise steigende Prämien

Unklar ist noch, ob sich die Preiserhöhungen auch auf die Hauptmärkte der Luftfahrtversicherung ausweiten werden. Der Kaskokriegsmarkt macht nur vier Prozent der Gesamtprämien aus, welche die Fluggesellschaften für ihren Versicherungsschutz zahlen, so Rüter. Wie sich die Preise für Luftfahrt-Kasko und Haftpflicht entwickeln werden, könne man noch nicht vorhersehen.

Der weltweit größte Rückversicherer Munich Re erwartet zumindest teilweise steigende Prämien. "Gerade mit Blick auf die steigende Zahl von Krisenherden und die großen Schäden, die schon bis heute entstanden sind, werden sicherlich einige Luftfahrtrisiken neu bewertet werden, damit die Preise für die Deckung angemessen sind", sagt Roman Beilhack, Leiter der Luftfahrtabteilung.

Das Prämienniveau in der Luftfahrtversicherung ist seit Jahren niedrig. Der Wettbewerb unter den Anbietern hat dazu geführt, dass Fluggesellschaften ihren Versicherungsschutz vergleichsweise günstig einkaufen konnten. "Das hatte natürlich auch damit zu tun, dass es keine extrem hohen versicherten Schäden gab", sagt Beilhack von Munich Re. Dieses Jahr müssen die Versicherer aber der Munich Re zufolge bereits mehr zwei Milliarden Dollar zahlen - so viel wie seit 2001 nicht mehr, dem Jahr der Anschläge vom 11. September.

Wie viel die Versicherer für Flug MH17 insgesamt zahlen müssen, ist noch unklar. Das Flugzeug war bei lokalen Anbietern versichert - führend sind die Gesellschaften Etiqa Insurance und Takaful Bhd. Diese hatten aber für den größten Teil des übernommenen Risikos Rückversicherungsschutz eingekauft. Führender Rückversicherer ist wiederum die Allianz. Eine Unternehmenssprecherin wollte aber keine Schadensschätzung abgeben.

Der Wert der Maschine liegt laut dem Versicherungsmakler Aon bei knapp 100 Millionen Dollar. Dafür werden wohl die Kriegsversicherer aufkommen müssen. Hinzu kommen die Ansprüche der Hinterbliebenen der Passagiere und der Besatzung. Weitere Entschädigungen werden für die Fracht fällig, die sich an Bord befand. Dafür können leicht mehrere hundert Millionen Dollar zusammen kommen. Die Bestimmung des Schadensersatzes ist ein langwieriges Verfahren. Für die Höhe spielen die familiäre Situation der Opfer und deren beruflichen Perspektiven eine Rolle, aber auch das Herkunftsland.

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SZ vom 29.07.2014/fued/luk
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