Raumfahrt:Spedition zum Mond

Raumfahrt: Modell der Mondfähre Alina von PTS in Berlin. Das Start-up hat sich bislang auch mit Hilfe von Sponsoren wie Vodafone und Audi finanziert. Nun hat der Logistiker Zeitfracht die Firma übernommen.

Modell der Mondfähre Alina von PTS in Berlin. Das Start-up hat sich bislang auch mit Hilfe von Sponsoren wie Vodafone und Audi finanziert. Nun hat der Logistiker Zeitfracht die Firma übernommen.

(Foto: ds)

Das Logistikunternehmen Zeitfracht übernimmt die insolvente Raumfahrtfirma PT Scientists. Für das Berliner Familienunternehmen ist es ein logischer Schritt, nachdem es 90 Jahre lang Waren auf der Straße, zur See und in der Luft befördert hat.

Von Dieter Sürig

Als der Berliner Logistiker Zeitfracht sein Sommerfest feierte, da waren sie schon dabei: Die Gründer von PT Scientists präsentierten ihr Mondlande-Projekt. Geldmangel hatte sie nach jahrelanger Entwicklungsarbeit aus der Bahn geworfen, nun hat sie Zeitfracht aus der Insolvenz gerettet. Das Team sei super angekommen, erzählt Zeitfracht-Chef Wolfram Simon-Schröter, der das Logistikunternehmen (3000 Mitarbeiter, 900 Millionen Euro Jahresumsatz) mit seiner Frau Jasmin Schröter führt. Auch seine Idee, PTS zu übernehmen, habe Zustimmung gefunden. "Für mich und meine Frau war klar, dass man so ein Projekt nicht so einfach insolvent gehen lassen kann", sagt er der SZ.

Es habe kontroverse Diskussionen zu Hause gegeben. "Wir haben uns dann aber geeinigt, in PTS zu investieren", sagt er. "Meine Frau unterstützt dieses Thema sehr, auch um den Forschungsstandort Berlin nach vorne zu bringen." Schließlich sei das Start-up "ein einzigartiges Projekt in der deutschen Forschungslandschaft". Seit Dienstag steht PTS im Handelsregister für Planetary Transportation Service, die 60 Mitarbeiter sollen an Bord bleiben.

Die Gründer um Robert Böhme möchten zunächst eine Fähre namens Alina auf dem Mond landen und mit einem Rover die Landestelle von Apollo 17 erkunden. "Wir werden die ehrgeizigen Pläne von PTS unterstützen", sagt Simon-Schröter, "um die erste europäische Mondlandung voranzutreiben." Dazu will der 38-jährige Ökonom auch die Zusammenarbeit mit der europäischen Raumfahrtagentur Esa und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) intensivieren.

Er versichert, dass das Projekt mehr sei als ein kostspieliges Hobby. Zeitfracht habe in seiner 90-jährigen Geschichte immer auch neue Verkehrswege ausprobiert. "Waren werden heute auch in der Luft transportiert und später auch im All", sagt er. "Das ist also eine Investition in die Zukunft." Zumal die Gründer irgendwann mit Frachtflügen zum Mond Geld verdienen wollten - hier schließt sich dann der Kreis für den Logistiker. Simon-Schröter ist davon überzeugt, dass der Mensch nun zum Mond zurückkehrt, um zu bleiben. Dafür sei eine Infrastruktur nötig - und ein Warentransport, also das Kerngeschäft von Zeitfracht. Weitere Engagements im Raumfahrtbereich plant er zunächst nicht, "wir wollen erst einmal PTS zum Erfolg führen". Wie viel Geld er in den neuen Ableger stecken will, verrät er nicht. Nur so viel: "Wir werden mit Augenmaß und langfristig in das Projekt investieren."

Auf den ersten Starttermin will sich der Zeitfrachtchef nicht festlegen. 2020 werde es aber nicht, so war es mal geplant. Die gerade missglückten Mondmissionen aus Israel und Indien schrecken ihn nicht. Im Gegenteil: "Wir wollen deshalb lieber etwas mehr Zeit investieren." Ihn fasziniert die Hochtechnologie, die auch irdische Probleme lösen könne. Und: "Wir haben auch gegenüber künftigen Generationen eine gewisse Verpflichtung, zu forschen."

Vor dem Start zum Mond zieht PTS erst mal in das neue Innovation Lab in Hohenschönhausen. Dort bündelt Zeitfracht seine Forschung für Luft- und Raumfahrttechnik. Seit zwei Jahren ist Zeitfracht im Luftverkehr aktiv, damals kauften die Berliner den Charterflieger WDL Aviation, im Frühjahr folgten der Einstieg bei der rumänischen Fluggesellschaft Blue Air und der Kauf der Luftfahrtgesellschaft Walter. Interessant für eine Firma mit Frachttradition: "Im Luftfahrtbereich sind wir ausschließlich am Passagierverkehr interessiert", sagt Simon-Schröter. Er hat sich bereits die Rechte an der Marke "German Airways" gesichert.

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