Raumfahrt:Satelliten für Indien

Erdbeobachtungssatellit Berlin Space Technologies

Den ersten Satelliten hat BST in seinen Räumen in Berlin-Adlershof zusammengebaut: der Erdbeobachtungssatellit Kent Ridge 1.

(Foto: OH)

Die Space-Firma BST eröffnet in Kürze eine Fabrik im Nordwesten des Landes, plant eine weitere in den USA - und kann sich auch eine Serienfertigung in Deutschland vorstellen.

Von Dieter Sürig

An ihren ersten Satellitenauftrag kamen die drei Gründer des damals zwei Jahre jungen Start-ups Berlin Space Technologies (BST) völlig unerwartet: Bei einer Raumfahrtmesse 2012 stoppte eine Delegation aus Singapur am Stand von BST, der sich gleich neben dem des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) befand. Die Singapurer seien von ihrem Satellitenmodell begeistert gewesen, erzählt Gründer Tom Segert, aber auch vom Preis. Was sie wohl nicht wussten: Dass BST bis dato noch keinen einzigen Satelliten gebaut hatte. Das Team profitierte allerdings von Erfahrungen mit Kleinsatelliten an der TU Berlin, aus der das Start-up hervorging - und wenig später erhielt Segert per Telefon den Zuschlag für das 80 Kilo-Gerät.

Gefühlt ist das schon lange her. Mittlerweile bezeichnet sich der 41-Jährige als "Großvater des New Space". Demnächst will er mit BST einen Erdbeobachtungssatelliten nach Ägypten verschiffen. Das Ganze erinnert ein bisschen an einen Lego-Bausatz: Die Saturn-V-Mondrakete hat 1969 Teile, in Anlehnung an das Jahr der ersten bemannten Mondlandung. Die ägyptischen Ingenieure müssen nun 6780 Teile zusammenfügen. Segert wählt einen anderen Vergleich: "Es ist ähnlich wie bei Ikea: Es ist einfacher, Teile zusammenzubauen, als selbst Möbel zu schreinern."

Er selbst denkt längst ein paar Nummern größer. BST ist gerade dabei, eine Satellitenfabrik in Ahmedabad im Nordwesten Indiens zu eröffnen. Bei dem Projekt handelt es sich um ein Joint Venture mit Azista Aerospace, das zu Azista Industries der Familie Reddy gehört. Das indische Unternehmen war auf der Suche nach einem Technologiepartner. BST hält 30 Prozent der Anteile an der Satellitenfabrik. "Diese Konstruktion erlaubt uns, in Deutschland zu bleiben", sagt Segert. Sein Konzept sieht vor, dass BST seinen Hauptsitz in Berlin belässt, wo die Firma 40 Leute beschäftigt, und immer dort eine Fertigung baut, wo die Kunden sind.

Die Fabrik in Ahmedabad soll zunächst fünf Reinräume auf knapp 5000 Quadratmetern umfassen, in denen 150 Beschäftigte mittelfristig bis zu 250 Satelliten pro Jahr fertigen können. "Ein Team baut in einer Woche einen Satelliten komplett zusammen", sagt Segert. Dabei handelt es sich um mittelgroße Satelliten mit 50 bis 150 Kilogramm Gewicht: eine einheitliche Plattform und die jeweilige Nutzlast des Kunden. Gestartet werden sollen die Satelliten ebenfalls in Indien. Segert sieht dort einen großen Bedarf für Satelliten aller Art und gibt sich optimistisch: "Ich erwarte eine Auslastung von etwa zehn Jahren und rechne mittelfristig mit einem Jahresumsatz von etwa 100 Millionen Euro."

Nicht noch mehr Weltraumschrott

Ähnliches plant Segert in den USA: In Albuquerque in New Mexico will BST im kommenden Jahr über eine Tochterfirma ebenfalls eine kleine Fabrik aufbauen. Angesichts der jüngsten Initiative der Verbände BDI und VDI, in Deutschland eine industrielle Satellitenfertigung zu schaffen, kann sich Segert auch vorstellen, sein Modell hierzulande umzusetzen - wenn denn Bedarf bestehe. "Dann mieten wir einfach eine Halle und bauen 100 Satelliten zusammen", sagt er.

Eines hat bei ihm jedoch Priorität: Angesichts des zunehmenden Weltraummülls müsse die Entsorgung geregelt sein. "Wir wollen keine Konstellation bauen, bei denen sich die Satelliten nicht selbst entsorgen oder ausgetauscht werden können", so Segert. Und was die Finanzierung betreffe, gebe es im Moment sowieso viele Interessenten: "Wir sind nicht so abhängig von Venture Capital."

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